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Welterbestädte Südosteuropas im Spannungsfeld von Cultural Governance und lokaler Zivilgesellschaft : untersucht am Beispiel Gjirokastra (Albanien)
Bickert, Matthias (2015): Welterbestädte Südosteuropas im Spannungsfeld von Cultural Governance und lokaler Zivilgesellschaft : untersucht am Beispiel Gjirokastra (Albanien), Bamberg: University of Bamberg Press, doi: 10.20378/irb-21291.
Author:
Publisher Information:
Year of publication:
2015
Pages:
ISBN:
978-3-86309-300-6
978-3-86309-301-3
Series ; Volume:
Supervisor:
Source/Other editions:
Parallel erschienen als Druckausg. in der University of Bamberg Press, 2015 (21,00 EUR)
Year of first publication:
2014
Language:
German
Remark:
Zugl.: Bamberg, Univ., Diss., 2014
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DOI:
Licence:
Abstract:
Die Liste des UNESCO-Welterbes ist zweifellos eine globale Erfolgsgeschichte. Sie hat die Themen des Kultur- und Naturerbeschutzes von einem sukzessive angestaubten Image der Denkmalpflege in ein allgemein positiv rezipiertes Bild übertragen. Hinter dieser Außenwahrnehmung hat die intrinsische Organisation des Welterberegimes jedoch mit Problemen zu kämpfen, die sowohl innerhalb der lokal-nationalen Ebene des Mehrebenensystems als auch zwischen den global-national-lokalen Skalen des Welterberegimes bestehen. Mit Hilfe modernisierungstheoretischer Überlegungen lassen sich dabei die großräumigen Prozesse einer fortschreitenden Entwicklung im südosteuropäischen Rahmen einordnen, die dann auf kleinmaßstäblicher Ebene am Beispiel von Albanien beziehungsweise von Gjirokastra betrachtet werden. Die Mehrebenen-Governanztheorie eignet sich dazu, das Welterberegime auf globaler, nationaler und lokaler Ebene erfassen zu können. Die Funktionsdefizite des Welterberegimes stehen in Verbindung mit gesellschaftlichen Herausforderungen, wie den Ansprüchen und Handlungen der lokalen Zivilgesellschaft. Diese Umstände können daher nicht in einem global gültigen Umfeld geltend gemacht, sondern müssen im Zusammenhang mit regionalen Besonderheiten gesehen werden. Im Falle Südosteuropas sind dies besondere Merkmale einer phasenhaften postsozialistischen Systemtransformation, welche eine effizientere Umsetzung der Welterbeidee verhindert haben.
Daraus ergibt sich die Frage, welche spezifischen Prozesse innerhalb der Kulturgovernanz und der lokalen Zivilgesellschaft den Welterbeschutz beeinträchtigen und wie deren Wirkungszusammenhänge sind. Nur wenn diese Problemfelder bekannt sind, können entsprechende Maßnahmen ergriffen werden, die im komplexen Räderwerk des Welterberegimes an den richtigen Stellschrauben ansetzen.
Es hat sich dabei herausgestellt, dass der Übertrag allgemeiner und standardisierter Konzepte der Welterbegovernanz bisher ohne regionale Anpassungen an den südosteuropäischen Transformationskontext nur wenig Wirkung zeigt. Einzelne Akteure sind im Kontext institutioneller Machtstrukturen aufgrund ihrer Herrschafts- und Handlungskulturen, vor allem – aber nicht nur – auf den national-lokalen Ebenen des Welterberegimes, für die Prozesse vor Ort ausschlaggebend. Die vorherrschenden Formen der Elitenkonstellation sowie der politischen Streitkultur sind häufig defektiv und führen zu Spannungen zwischen der Kulturgovernanz und der lokalen Zivilgesellschaft sowie innerhalb der Kulturgovernanz.
Mit dem Beginn der Transformation entstand vor allem im Bereich der Kontrollfunktion eine allgemeine Schwäche staatlicher Institutionen. Dies zeigt sich besonders auf finanzieller Ebene, wie etwa bei einer fehlenden Bereitstellung staatlicher Zuwendungen. In Bezug auf die Kulturgovernanz führt dies im postsozialistisch-südosteuropäischen Kontext zu einer doppelten Absenz denkmalpflegerischer Praxis. Dennoch entstand mit dem Beginn der Transformation eine Vielzahl neuer staatlicher Einrichtungen auf nationaler und lokaler Ebene. Dadurch entwickelte sich im Bereich der Kulturgovernanz aufgrund redundanter und sich blockierender Zuständigkeiten ein Institutionsstau. Die Funktionalität dieser Institutionen wurde zusätzlich durch Elitenkämpfe, Korruption und Nepotismus geschwächt. Gleichzeitig bestehen deutliche Bruchstrukturen zwischen den staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren der Kulturgovernanz.
Im Rahmen des spezifischen Transformationsfortschritts bleiben auch Organisation und Interessenvertretung der lokalen Zivilgesellschaft innerhalb des Welterberegimes niedrig, während räumliche Mobilität und Modernisierungsanspruch der postsozialistischen Zivilgesellschaft umso höher sind. Die Undurchsichtigkeit der institutionellen Organisation der Kulturgovernanz und ihre medial geführten Dispute bestärken wiederum die Zivilgesellschaft in ihrer Passivität und dem „öffentlichen Misstrauen“. Es folgte der Rückzug in private Strukturen. Der gleichzeitige Wegfall der Kombination aus finanzieller Hilfestellung und Zwang leitete angesichts des aufgestauten Modernisierungsdrucks im Wohnbestand eine explosionsartige, privat gesteuerte Anpassung der gebauten Infrastruktur an aktuellere Lebenswelten ein. Der dem Staat so wichtige Denkmalbestand spielt bis heute in den Köpfen der Individuen dabei keine oder nur eine vernachlässigbare Rolle. Beides drückt sich in einer rasanten und tiefgreifenden Transformation der gebauten Umwelt aus, ohne dass größtenteils auf juristische Rahmenbedingungen Rücksicht genommen wird. Darüber hinaus bestehen aufgrund von Privatisierung und bisweilen ungeklärten Eigentumsverhältnissen weitere problembehaftete Besonderheiten der postsozialistischen Transformation.
Gerade diese Umstände bleiben der globalen Ebene des Welterberegimes aber weitestgehend fremd. Es muss daher zukünftig damit gerechnet werden, dass die global gültigen Umsetzungsstrategien und Einschreibekriterien der UNESCO in Südosteuropa anhand regionaler und lokaler Besonderheiten zu scheitern drohen.
Daraus ergibt sich die Frage, welche spezifischen Prozesse innerhalb der Kulturgovernanz und der lokalen Zivilgesellschaft den Welterbeschutz beeinträchtigen und wie deren Wirkungszusammenhänge sind. Nur wenn diese Problemfelder bekannt sind, können entsprechende Maßnahmen ergriffen werden, die im komplexen Räderwerk des Welterberegimes an den richtigen Stellschrauben ansetzen.
Es hat sich dabei herausgestellt, dass der Übertrag allgemeiner und standardisierter Konzepte der Welterbegovernanz bisher ohne regionale Anpassungen an den südosteuropäischen Transformationskontext nur wenig Wirkung zeigt. Einzelne Akteure sind im Kontext institutioneller Machtstrukturen aufgrund ihrer Herrschafts- und Handlungskulturen, vor allem – aber nicht nur – auf den national-lokalen Ebenen des Welterberegimes, für die Prozesse vor Ort ausschlaggebend. Die vorherrschenden Formen der Elitenkonstellation sowie der politischen Streitkultur sind häufig defektiv und führen zu Spannungen zwischen der Kulturgovernanz und der lokalen Zivilgesellschaft sowie innerhalb der Kulturgovernanz.
Mit dem Beginn der Transformation entstand vor allem im Bereich der Kontrollfunktion eine allgemeine Schwäche staatlicher Institutionen. Dies zeigt sich besonders auf finanzieller Ebene, wie etwa bei einer fehlenden Bereitstellung staatlicher Zuwendungen. In Bezug auf die Kulturgovernanz führt dies im postsozialistisch-südosteuropäischen Kontext zu einer doppelten Absenz denkmalpflegerischer Praxis. Dennoch entstand mit dem Beginn der Transformation eine Vielzahl neuer staatlicher Einrichtungen auf nationaler und lokaler Ebene. Dadurch entwickelte sich im Bereich der Kulturgovernanz aufgrund redundanter und sich blockierender Zuständigkeiten ein Institutionsstau. Die Funktionalität dieser Institutionen wurde zusätzlich durch Elitenkämpfe, Korruption und Nepotismus geschwächt. Gleichzeitig bestehen deutliche Bruchstrukturen zwischen den staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren der Kulturgovernanz.
Im Rahmen des spezifischen Transformationsfortschritts bleiben auch Organisation und Interessenvertretung der lokalen Zivilgesellschaft innerhalb des Welterberegimes niedrig, während räumliche Mobilität und Modernisierungsanspruch der postsozialistischen Zivilgesellschaft umso höher sind. Die Undurchsichtigkeit der institutionellen Organisation der Kulturgovernanz und ihre medial geführten Dispute bestärken wiederum die Zivilgesellschaft in ihrer Passivität und dem „öffentlichen Misstrauen“. Es folgte der Rückzug in private Strukturen. Der gleichzeitige Wegfall der Kombination aus finanzieller Hilfestellung und Zwang leitete angesichts des aufgestauten Modernisierungsdrucks im Wohnbestand eine explosionsartige, privat gesteuerte Anpassung der gebauten Infrastruktur an aktuellere Lebenswelten ein. Der dem Staat so wichtige Denkmalbestand spielt bis heute in den Köpfen der Individuen dabei keine oder nur eine vernachlässigbare Rolle. Beides drückt sich in einer rasanten und tiefgreifenden Transformation der gebauten Umwelt aus, ohne dass größtenteils auf juristische Rahmenbedingungen Rücksicht genommen wird. Darüber hinaus bestehen aufgrund von Privatisierung und bisweilen ungeklärten Eigentumsverhältnissen weitere problembehaftete Besonderheiten der postsozialistischen Transformation.
Gerade diese Umstände bleiben der globalen Ebene des Welterberegimes aber weitestgehend fremd. Es muss daher zukünftig damit gerechnet werden, dass die global gültigen Umsetzungsstrategien und Einschreibekriterien der UNESCO in Südosteuropa anhand regionaler und lokaler Besonderheiten zu scheitern drohen.
GND Keywords: ; ; ;
Albanien
Gjirokastër
Kulturerbe
Denkmalschutz
Keywords: ; ; ; ;
UNESCO Welterbe
Südosteuropa
Geographische Transformationsforschung
Kulturgutsicherung
Cultural Governance
DDC Classification:
RVK Classification:
Type:
Doctoralthesis
Activation date:
July 3, 2015
Permalink
https://fis.uni-bamberg.de/handle/uniba/21291