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Die Effekte von Schule auf Leistungsentwicklung und Leistungsunterschiede nach sozialer Herkunft : Eine Längsschnittstudie zu Ursachen von und Maßnahmen gegen Bildungsungleichheiten
Nachbauer, Max (2023): Die Effekte von Schule auf Leistungsentwicklung und Leistungsunterschiede nach sozialer Herkunft : Eine Längsschnittstudie zu Ursachen von und Maßnahmen gegen Bildungsungleichheiten, Bamberg: Otto-Friedrich-Universität.
Author:
Alternative Title:
Promotionstitel: Die Effekte von Schule auf Bildungsungleichheiten nach sozialer Herkunft. Eine Längsschnittstudie zu Kompetenzunterschieden auf der Grundlage des Nationalen Bildungspanels
Publisher Information:
Year of publication:
2023
Pages:
Supervisor:
Source/Other editions:
Erscheint auch beim Waxmann-Verlag, Münster ; Online-Ausgabe: DOI: 10.31244/9783830997320
Year of first publication:
2023
Language:
German
Remark:
Dissertation, Otto-Friedrich-Universität Bamberg, 2021
Abstract:
Das vorliegende Werk befasst sich mit dem Lernerfolg von Schüler/-innen und der Rolle, die die Bildungseinrichtung Schule einerseits und der familiäre Hintergrund der Schüler/-innen andererseits hierfür spielen. Es verbindet den Forschungsbereich der Wirksamkeit von Unterricht und Schule mit dem Forschungsbereich der Bildungsungleichheiten. Ausgangspunkt sind die wiederholt festgestellten Kompetenzunterschiede zwischen sozial privilegierten und sozial benachteiligten Schüler/-innen. Ungleiche Bildungschancen stellen eine anhaltende gesellschaftliche Herausforderung dar, deren Ursachen bisher allerdings noch nicht ausreichend geklärt sind. Ebenso fehlt es an Evidenzen über schulische Maßnahmen, mit denen Kompetenzunterschiede nach sozialer Herkunft verringert werden können. Diese Problemstellungen werden im vorliegenden Werk einer empirischen Untersuchung unterzogen.
Im ersten Teil werden theoretische Grundlagen erörtert und es wird ein Überblick über den vorhandenen Forschungsstand gegeben. In theoretischer Hinsicht wird zunächst das zentrale Konzept der pädagogischen Wirksamkeit erläutert. Weiterhin werden zwei theoretische Modelle entwickelt. Erstens wird ein Modell zu den vermittelnden Mechanismen zwischen der sozialen Herkunft von Schüler/-innen und ihrem Lernerfolg entwickelt. Dieses Modell integriert bildungssoziologische und pädagogisch-psychologische Theorieansätze. Zweitens wird ein Modell der Wirksamkeit von Schule entwickelt, welches insbesondere das Zusammenwirken von schulischen und familiären Einflüssen betrachtet. Hierauf aufbauend wird ein Überblick über vorhandene empirische Befunde gegeben. Der Überblick zeigt, dass in mehreren relevanten Forschungsfeldern nur eine begrenzte Anzahl an aussagekräftigen Studien zur Verfügung steht.
Den zweiten Teil bildet eine empirische Analyse. Es handelt sich um eine multivariate Längsschnittstudie auf der Grundlage des Nationalen Bildungspanels. Untersucht werden Gymnasien in ganz Deutschland im Zeitraum zwischen der fünften und der siebten Jahrgangsstufe (1523 Schüler/-innen in 120 Klassen). Als abhängige Variable wird der Erwerb von Mathematikkompetenz betrachtet.
Die Analysen umfassen drei Bereiche von Fragestellungen. Der erste Bereich bezieht sich auf vermittelnde Mechanismen zwischen sozialer Herkunft und Lernerfolg. Hierbei werden die Ursachen von Kompetenzunterschieden nach sozialer Herkunft untersucht. Die Analysen zielen darauf ab, Mediationsvariablen zu identifizieren, also Variablen, die von der sozialen Herkunft bedingt werden und ihrerseits den Lernerfolg von Schüler/-innen bedingen. Die empirischen Befunde sprechen dafür, dass die kognitiven Lernvoraussetzungen von Schüler/-innen, ihre Freizeitaktivitäten und die Zusammensetzung ihres Freundeskreises bedeutsame Mediatoren darstellen. Demnach spielen diese Faktoren eine Rolle für die Entstehung von Kompetenzunterschieden nach sozialer Herkunft.
Der zweite Bereich von Fragestellungen behandelt die Effekte von Klassen. Klasseneffekte beziehen sich auf die Frage, inwieweit der Lernerfolg von Schüler/-innen in verschiedenen Klassen unterschiedlich ausfällt. Es zeigt sich klar, dass der Kompetenzzuwachs der Schüler/-innen bedeutsam zwischen Klassen variiert. Bezüglich der Kompetenzunterschiede nach sozialer Herkunft sind die Ergebnisse nicht ganz konsistent, aber in der Tendenz sprechen die Ergebnisse dafür, dass auch Kompetenzunterschiede nach sozialer Herkunft bedeutsam zwischen Klassen variieren. Analysen zum Verhältnis zwischen den beiden Zielkriterien ergeben, dass ein hoher Kompetenzzuwachs und geringe Kompetenzunterschiede miteinander vereinbar sind (sich also nicht gegenseitig ausschließen).
Der dritte Bereich von Fragestellungen bezieht sich auf die Effekte von pädagogischen Merkmalen. Hierbei steht die Frage nach wirksamen schulischen Maßnahmen im Vordergrund. Es wird untersucht, inwieweit Unterrichtsmerkmale, Ganztagsangebote und Klassenmerkmale den Lernerfolg der Schüler/-innen beeinflussen. Die empirischen Befunde legen nahe, dass ein hoher Kompetenzzuwachs der Schüler/-innen durch eine effiziente Klassenführung, ein hohes Ausmaß an kognitiver Aktivierung, ein mittleres Maß an Klassenunterricht und Partner-/Gruppenarbeiten sowie eine leistungsstarke Klassenkomposition begünstigt wird. Individualisierung im Unterricht und die Häufigkeit von Förderunterricht für leistungsstarke Schüler/-innen haben dagegen negative Effekte. Bezüglich der Kompetenzunterschiede nach sozialer Herkunft zeigt sich, dass geringe Kompetenzunterschiede durch häufige Partner-/Gruppenarbeiten (insbesondere bei leistungsheterogenen Gruppen), viel Unterstützung durch die Lehrkraft, regelmäßigen Förderunterricht in Mathematik und eine leistungsstarke Klassenkomposition begünstigt werden. Demgegenüber führen Förderunterricht für leistungsstarke Schüler/-innen und ein hoher Anteil an Schüler/-innen mit Migrationshintergrund zu einer Verstärkung von Kompetenzunterschieden.
Im letzten Kapitel wird die methodische Vorgehensweise der Studie diskutiert. Unter Rückbezug auf die empirischen Befunde werden Empfehlungen formuliert, wie Schule und Unterricht gestaltet werden sollten, um einen hohen Kompetenzzuwachs und geringe Kompetenzunterschiede nach sozialer Herkunft zu erreichen. Abschließend werden Implikationen für zukünftige Studien der empirischen Bildungsforschung erörtert.
Im ersten Teil werden theoretische Grundlagen erörtert und es wird ein Überblick über den vorhandenen Forschungsstand gegeben. In theoretischer Hinsicht wird zunächst das zentrale Konzept der pädagogischen Wirksamkeit erläutert. Weiterhin werden zwei theoretische Modelle entwickelt. Erstens wird ein Modell zu den vermittelnden Mechanismen zwischen der sozialen Herkunft von Schüler/-innen und ihrem Lernerfolg entwickelt. Dieses Modell integriert bildungssoziologische und pädagogisch-psychologische Theorieansätze. Zweitens wird ein Modell der Wirksamkeit von Schule entwickelt, welches insbesondere das Zusammenwirken von schulischen und familiären Einflüssen betrachtet. Hierauf aufbauend wird ein Überblick über vorhandene empirische Befunde gegeben. Der Überblick zeigt, dass in mehreren relevanten Forschungsfeldern nur eine begrenzte Anzahl an aussagekräftigen Studien zur Verfügung steht.
Den zweiten Teil bildet eine empirische Analyse. Es handelt sich um eine multivariate Längsschnittstudie auf der Grundlage des Nationalen Bildungspanels. Untersucht werden Gymnasien in ganz Deutschland im Zeitraum zwischen der fünften und der siebten Jahrgangsstufe (1523 Schüler/-innen in 120 Klassen). Als abhängige Variable wird der Erwerb von Mathematikkompetenz betrachtet.
Die Analysen umfassen drei Bereiche von Fragestellungen. Der erste Bereich bezieht sich auf vermittelnde Mechanismen zwischen sozialer Herkunft und Lernerfolg. Hierbei werden die Ursachen von Kompetenzunterschieden nach sozialer Herkunft untersucht. Die Analysen zielen darauf ab, Mediationsvariablen zu identifizieren, also Variablen, die von der sozialen Herkunft bedingt werden und ihrerseits den Lernerfolg von Schüler/-innen bedingen. Die empirischen Befunde sprechen dafür, dass die kognitiven Lernvoraussetzungen von Schüler/-innen, ihre Freizeitaktivitäten und die Zusammensetzung ihres Freundeskreises bedeutsame Mediatoren darstellen. Demnach spielen diese Faktoren eine Rolle für die Entstehung von Kompetenzunterschieden nach sozialer Herkunft.
Der zweite Bereich von Fragestellungen behandelt die Effekte von Klassen. Klasseneffekte beziehen sich auf die Frage, inwieweit der Lernerfolg von Schüler/-innen in verschiedenen Klassen unterschiedlich ausfällt. Es zeigt sich klar, dass der Kompetenzzuwachs der Schüler/-innen bedeutsam zwischen Klassen variiert. Bezüglich der Kompetenzunterschiede nach sozialer Herkunft sind die Ergebnisse nicht ganz konsistent, aber in der Tendenz sprechen die Ergebnisse dafür, dass auch Kompetenzunterschiede nach sozialer Herkunft bedeutsam zwischen Klassen variieren. Analysen zum Verhältnis zwischen den beiden Zielkriterien ergeben, dass ein hoher Kompetenzzuwachs und geringe Kompetenzunterschiede miteinander vereinbar sind (sich also nicht gegenseitig ausschließen).
Der dritte Bereich von Fragestellungen bezieht sich auf die Effekte von pädagogischen Merkmalen. Hierbei steht die Frage nach wirksamen schulischen Maßnahmen im Vordergrund. Es wird untersucht, inwieweit Unterrichtsmerkmale, Ganztagsangebote und Klassenmerkmale den Lernerfolg der Schüler/-innen beeinflussen. Die empirischen Befunde legen nahe, dass ein hoher Kompetenzzuwachs der Schüler/-innen durch eine effiziente Klassenführung, ein hohes Ausmaß an kognitiver Aktivierung, ein mittleres Maß an Klassenunterricht und Partner-/Gruppenarbeiten sowie eine leistungsstarke Klassenkomposition begünstigt wird. Individualisierung im Unterricht und die Häufigkeit von Förderunterricht für leistungsstarke Schüler/-innen haben dagegen negative Effekte. Bezüglich der Kompetenzunterschiede nach sozialer Herkunft zeigt sich, dass geringe Kompetenzunterschiede durch häufige Partner-/Gruppenarbeiten (insbesondere bei leistungsheterogenen Gruppen), viel Unterstützung durch die Lehrkraft, regelmäßigen Förderunterricht in Mathematik und eine leistungsstarke Klassenkomposition begünstigt werden. Demgegenüber führen Förderunterricht für leistungsstarke Schüler/-innen und ein hoher Anteil an Schüler/-innen mit Migrationshintergrund zu einer Verstärkung von Kompetenzunterschieden.
Im letzten Kapitel wird die methodische Vorgehensweise der Studie diskutiert. Unter Rückbezug auf die empirischen Befunde werden Empfehlungen formuliert, wie Schule und Unterricht gestaltet werden sollten, um einen hohen Kompetenzzuwachs und geringe Kompetenzunterschiede nach sozialer Herkunft zu erreichen. Abschließend werden Implikationen für zukünftige Studien der empirischen Bildungsforschung erörtert.
This study examines how students’ learning success is affected by schools on the one hand and family background on the other hand. It brings together research on educational effectiveness and research on educational inequality. Numerous studies have shown that there is a considerable achievement gap between students from high socioeconomic status families and students from low socioeconomic status families. These educational inequalities remain a major societal challenge. However, the causes of the socioeconomic achievement gap are still not fully understood. Further, evidence on school-based interventions to reduce the achievement gap is lacking. These problems are addressed by the empirical investigations presented in this study.
The first part comprises the theoretical framework and a review of research. As a theoretical foundation, the concept of educational effectiveness is elaborated on. Moreover, two theoretical models are developed. The first model describes mediating mechanisms between students’ social background and their learning success. It integrates theoretical approaches from sociology of education and educational psychology. The second model focuses on factors related to effective schooling and teaching. Particularly, it considers how school and family factors work together. Building on this theoretical framework, a review of empirical studies is provided. The review reveals that there is a lack of high-quality studies in several fields of research.
In the second part, an empirical analysis is presented. The multivariate and longitudinal analysis is based on the National Educational Panel Study. The sample covers high-track secondary schools all over Germany (1523 students in 120 classes). The dependant variable is achievement gain in mathematics from fifth to seventh grade.
Three domains of research questions are examined. The first domain refers to mediating mechanisms between social background and learning success. This means that the causes of the socioeconomic achievement gap are investigated. Analyses aim at identifying mediators, thus variables that are affected by social background and in turn affect learning success. Empirical results suggest that students’ cognitive learning preconditions, their recreational activities and the composition of their peer group are relevant mediators. Therefore, these factors contribute to the emergence of the socioeconomic achievement gap.
The second domain of research questions focuses on class effects. Class effects refer to the question whether school classes differ in regard to students’ learning success. Analyses clearly show that students’ achievement gains vary substantially between school classes. Results on socioeconomic achievement gaps are not quite consistent, but there is a tendency that socioeconomic achievement gaps also vary between school classes. Analyses on the relation between the two criteria reveal that a high achievement gain and a small achievement gap are compatible goals (thus do not exclude each other).
The third domain of research questions addresses the effectiveness of school and teaching factors. These analyses aim at identifying school-based interventions that promote student learning. Empirical investigations focus on teaching characteristics, extended educational offerings (provided in the afternoon) and class characteristics. Empirical results suggest that high achievement gains are facilitated by an efficient classroom management, a high degree of cognitive activation, a moderate degree of whole-class instruction and partner/group work as well as a high-ability class composition. In contrast, differentiated instruction and advanced courses for high-achieving students both have negative effects. In terms of socioeconomic achievement gaps, it is revealed that small achievement gaps are facilitated by frequent partner/group work (especially with mixed-ability groups), intense teacher support, frequent remedial courses in mathematics and a high-ability class composition. On the other hand, advanced courses for high-achieving students and a class composition with many migrant students increase socioeconomic achievement gaps.
In the last chapter, the methodological approach of the study is discussed. Referring to the empirical results, recommendations for schooling and teaching are made. Interventions that promote high achievement gains and small socioeconomic achievement gaps are illustrated. Finally, implications for future studies in the field of educational research are drawn.
The first part comprises the theoretical framework and a review of research. As a theoretical foundation, the concept of educational effectiveness is elaborated on. Moreover, two theoretical models are developed. The first model describes mediating mechanisms between students’ social background and their learning success. It integrates theoretical approaches from sociology of education and educational psychology. The second model focuses on factors related to effective schooling and teaching. Particularly, it considers how school and family factors work together. Building on this theoretical framework, a review of empirical studies is provided. The review reveals that there is a lack of high-quality studies in several fields of research.
In the second part, an empirical analysis is presented. The multivariate and longitudinal analysis is based on the National Educational Panel Study. The sample covers high-track secondary schools all over Germany (1523 students in 120 classes). The dependant variable is achievement gain in mathematics from fifth to seventh grade.
Three domains of research questions are examined. The first domain refers to mediating mechanisms between social background and learning success. This means that the causes of the socioeconomic achievement gap are investigated. Analyses aim at identifying mediators, thus variables that are affected by social background and in turn affect learning success. Empirical results suggest that students’ cognitive learning preconditions, their recreational activities and the composition of their peer group are relevant mediators. Therefore, these factors contribute to the emergence of the socioeconomic achievement gap.
The second domain of research questions focuses on class effects. Class effects refer to the question whether school classes differ in regard to students’ learning success. Analyses clearly show that students’ achievement gains vary substantially between school classes. Results on socioeconomic achievement gaps are not quite consistent, but there is a tendency that socioeconomic achievement gaps also vary between school classes. Analyses on the relation between the two criteria reveal that a high achievement gain and a small achievement gap are compatible goals (thus do not exclude each other).
The third domain of research questions addresses the effectiveness of school and teaching factors. These analyses aim at identifying school-based interventions that promote student learning. Empirical investigations focus on teaching characteristics, extended educational offerings (provided in the afternoon) and class characteristics. Empirical results suggest that high achievement gains are facilitated by an efficient classroom management, a high degree of cognitive activation, a moderate degree of whole-class instruction and partner/group work as well as a high-ability class composition. In contrast, differentiated instruction and advanced courses for high-achieving students both have negative effects. In terms of socioeconomic achievement gaps, it is revealed that small achievement gaps are facilitated by frequent partner/group work (especially with mixed-ability groups), intense teacher support, frequent remedial courses in mathematics and a high-ability class composition. On the other hand, advanced courses for high-achieving students and a class composition with many migrant students increase socioeconomic achievement gaps.
In the last chapter, the methodological approach of the study is discussed. Referring to the empirical results, recommendations for schooling and teaching are made. Interventions that promote high achievement gains and small socioeconomic achievement gaps are illustrated. Finally, implications for future studies in the field of educational research are drawn.
GND Keywords: ; ; ;
Schule
Bildungschance
Soziale Herkunft
Längsschnittstudie
Keywords:
Effekte ; Schule ; Bildungsungleichheiten ; soziale Herkunft ; Längsschnittstudie ; Kompetenzunterschiede ; Nationales Bildungspanel
DDC Classification:
RVK Classification:
Type:
Doctoralthesis
Activation date:
August 4, 2023
Permalink
https://fis.uni-bamberg.de/handle/uniba/89853