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Guerre et paix en France à la fin du Moyen Âge (1404-1437)
Ekou, Assoumou Gilbert (2015): Guerre et paix en France à la fin du Moyen Âge (1404-1437), Bamberg: opus.
Author:
Publisher Information:
Year of publication:
2015
Pages:
Supervisor:
Year of first publication:
2014
Language:
French
Remark:
Bamberg, Univ., Diss., 2014
Licence:
Abstract:
Die Dissertation befasst sich mit der Krise des Königreichs Frankreich und der Lösung des Konfliktes in den Jahren 1404 und 1437. Im Mittelpunkt der Krise standen zwei Parteien die Armagnacs (um Ludwig von Orléans) und die Bourguignons (um den Herzog von Burgund), die um die Kontrolle der königlichen Regierung konkurrierten, deren Handlungsfähigkeit zunächst durch die Geisteskrankheit des Königs Karls VI. und dann durch die von ihm verfügte umstrittene Nachfolgeregelung beeinträchtigt war. Die inneren Auseinandersetzungen wurden verstärkt durch die Auseinandersetzungen zwischen dem englischen und dem französischen Königtum, die allgemein als „Hundertjähriger Krieg“ bekannt sind.
Der mittelalterliche Konflikt zwischen Armagnac und Burgund ist unter unterschiedlichen Gesichtspunkten bereits gut erforscht. Auch die Frage von Krieg und Frieden im Mittelalter ist Gegenstand vieler Untersuchungen gewesen. Die meisten Arbeiten konzentrieren sich jedoch, was den Krieg betrifft, auf Kampftechniken, und die sozialen, politischen und wirtschaftlichen Auswirkungen des Krieges, was den Frieden betrifft, auf theologische Aspekte oder auf die Diplomatiegeschichte.
Was die Militärgeschichte Frankreichs im Mittelalter betrifft, konzentrieren sich zahlreiche Studien auf verschiedene Gruppen von Soldaten im Dienst der Monarchie und ihrer politischen Akteure. Aufgrund der ständigen Kriegshandlungen oder Kriegsgefahr hatte die Aufbringung von Mitteln zur Sicherung der militärischen Handlungsfähigkeit bei allen Konfliktparteien eine hohe Priorität.
Ein besonders wichtiger Aspekt in der neueren Forschung ist die Analyse des Zusammenhangs von Recht und Politik. Politische Konflikte konnten als Kampf gegen das Verbrechen ausgetragen werden; andererseits erschütterte der politische Konflikt die Funktionsfähigkeit der Rechtsordnung. Dies zeigt sich auch darin, dass die königliche Gerichtsbarkeit in der Praxis mehr auf dem Recht der Gnade als auf die Durchsetzung Strenge des Rechts zu beruhen schien.
Gut erforscht ist die Vorstellung vom König als kriegerischem Ritter wie auch als Wahrer des Friedens, die in ihrer Ambivalenz das Spannungsfeld markiert, an dem sich die Legitimationsstrategien königlichen Handelns orientieren mussten. Dabei stand den Herrschern eine große Bandbreite von Ritualen zur Verfügung, um den sozialen Frieden wiederherzustellen und die Friedensschaffung als ihre Hauptbeschäftigung zu präsentieren.
In der Friedensforschung des Mittelalters spielen daher die Gesten und Riten eine wichtige Rolle, zu denen insbesondere das in den Quellen gut dokumentierte Zeremoniell der Aussöhnung gehört. Der Frieden wird dabei zum Mittel, um zu regieren und sich Respekt zu verschaffen.
Die wichtigsten Quellen, auf deren Auswertung sich die vorliegende Arbeit stützt, sind « Geste des Nobles François », die « Chronique de la Pucelle ou Chronique de Cousinot », die « Chronique Normande de Pierre Cochon », das « Journal d`un Bourgeois de Paris 1405-1449 » und schließlich die « Chronique du religieux de Saint-Denis ». Zu diesen Hauptquellen treten an vielen Stellen andere, auch literarische Texte hinzu, die es punktuell erlauben, andere Aspekte des Themas zu erhellen und Ansatzpunkte für eine Analyse des Diskurses und für die Behandlung der Frage nach Krieg und Frieden am Ende des Mittelalters bieten.
Die Texte, die im folgenden ausgewertet werden, sind während oder kurz nach den Ereignissen entstanden. Ihre Verfasser sind bei der Beschreibung der Ereignisse daher oft stark an ihre Zugehörigkeit zu einer der Konfliktparteien gebunden. So ist der Verfasser des « Journal d’un Bourgeois de Paris » erkennbar auf Seiten der burgundischen Partei. Im Gegenzug unterstützen andere, wie etwa der Autor der « Geste des Nobles François », die Seite der Orléans. Andere Autoren versuchen zumindest den Anschein zu erwecken, keiner der beiden am Konflikt beteiligten Gruppen anzugehören; hierzu zählt insbesondere die « Chronique du religieux de Saint-Denis ». Die Verfasser der Quellen hatten in vielen Fällen Zugang zu Informationen, die ihre Nähe zu den politischen Hauptakteuren belegen. Sie sind damit Augenzeugen der Ereignisse, aber auch selbst in den Konflikt eingebunden. Ihre Beschreibungen tragen auch zu dem Bild bei, das die Konfliktparteien von sich selbst entwerfen, dienen dabei bewusst oder unbewusst auch der « Propaganda ».
Die Autoren zeigen ihre Parteinahme und ihre Anhängerschaft zu einer Konfliktgruppe, indem sie die Verantwortung für den Krieg und die Störung des Friedens beim Gegner suchen. Ihre Sympathie für die Protagonisten erkennt man in Übertreibungen der Fakten und der Kritik, die sie an die jeweils andere Seite richten.
Neben der Darstellung der Ereignisse selbst, nehmen daher die Motive zur Rechtfertigung militärischer Unternehmungen, die Herausstellung der Abscheulichkeiten der Kriegshandlungen der Gegenseite, ein übertriebenes Lob der Heldentaten des eigenen Anführers und die Mahnung der anderen zum Frieden oft breiten Raum ein.
Die Autoren bedienen sich oft religiöser Vergleiche, um die geschilderten Ereignisse zu beschreiben und derjenigen Akteure herauszustellen, mit denen sie gute und nahe Beziehungen pflegen. Hinzu kommen auch Lobreden auf das Metier der Waffen.
Die Darstellungen inszenieren die Akteure der Krise und lassen die Repräsentanten des Königreich Frankreichs zu Wort kommen, Grausamkeiten der Kriegswirren anzuprangern. Sie ermahnen zur Versöhnung und zum Frieden, indem sie die Akteure zur Eintracht auffordern. Indem sie das Leid der Bevölkerung hervorheben, das sich nach Frieden sehnt, betonen sie die Notwendigkeit einer Rückkehr zur sozialen Ordnung. Dieses Ziel scheint moralisch gerechtfertigt und unstrittig zu sein, doch erweist sich bei näherer Betrachtung der Friedensbegriff seinerseits als ambivalent, da er (anders als der Waffenstillstand) nicht nur Ende der Kriegshandlungen, sondern auch eine dauerhafte Friedensordnung einschließt. Damit ist der „Frieden“ aber immer auch ein Ordnungsbegriff und der Streit um die Grundlagen und die Ausgestaltung dieser Ordnung birgt bereits die Ursache neuer Konflikte.
Aus methodischen Gründen ist es nützlich, unsere Quellen in drei große Gruppen zu gliedern: die Gruppe der Autoren, die mit dem Fürstenhaus Armagnac (Orléans) verbunden ist, wie z.B. der Autor der « Geste des Nobles François » und auch der Verfasser der « Chronique de la Pucelle », die andere Gruppe von Autoren, die mit den Burgundern in Verbindung stehen, unter denen besonders der Schriftsteller des « Journal d’un Bourgeois de Paris » besonders hervorzuheben ist, und schließlich die Gruppe der gemäßigten Autoren, bei denen die Verbindungen mit den verschiedenen Konfliktparteien nicht so offensichtlich wahrnehmbar ist.
Die parteigebundene Perspektive der erzählenden Quellen zeigt sich vor allem im Vergleich mit den erhaltenen Rechtstexten (Gesetze und Verträge), diplomatischer Korrespondenz (Berichterstattungen, Missionen, offizielle Briefe) den Aufzeichnungen über öffentlich gehaltene Reden und Predigten, aber auch mit Bildquellen.
Die lexikalische Studie nimmt einen wichtigen Platz in dieser Analyse ein. Auf Grundlage einer terminologischen Untersuchung konnte herausgearbeitet werden, wie der Wortschatz von Krieg und Frieden durch Gegensätze und Zusammenhänge strukturiert war, die das Denken und Reden über Konfliktaustragung und Konfliktlösung entscheidend bestimmten.
Die zentrale Fragestellung der Dissertation ist die Frage nach dem Spannungsverhältnis zwischen Vorstellungen von Krieg und Frieden in diesem konfliktreichen Umfeld. Der Fall Frankreichs wird analysiert als regionaler Konflikt mit internationaler Ausstrahlung, da sein Verlauf den Hundertjährigen Krieg zwischen England und Frankreich beeinflusste und durch ihn beeinflusst wurde. Zahlreiche Texte der Zeit behandeln die Wahrung der öffentlichen Ordnung und die Bestrebungen zur Sicherung des Friedens, doch stellt sich die Frage, was mit diesen Begriffen jeweils gemeint ist. Die Basis bildet daher eine Analyse der von den verschiedenen politischen Lagern in den Quellen verwendeten Terminologie. Darauf aufbauend wird nach den Auswirkungen der Diskurse über Krieg und Frieden auf den Verlauf des Konfliktes gefragt. Das frühe 15. Jahrhundert ist geprägt von einem Zerfall der königlichen Autorität und der zentralen herrschaftlichen Strukturen im Königreich Frankreich. Gleichzeitig jedoch entwickelte sich eine Dynamik des Friedens in dieser Periode, die in zahlreichen Verhandlungen zum Zweck der Friedensstiftung ihren Ausdruck fand.
Der auf Konsens und Ausgleich zielende Diskurs über den Frieden war aufgeladen mit weitreichenden Vorstellungen sozialer Ordnung und herrschaftlicher Legitimität. Diese christliche Kultur des Spätmittelalters sah in der Wahrung des Friedens ein zentrales Gebot Gottes, kannte aber zugleich einen den Krieg legitimierenden Diskurs, der sich in den vorangegangenen Jahrhunderten (Gottesfrieden, Kreuzzüge) entwickelt hatte. Beide Diskurse waren über das Konzept der gottgewollten Ordnung, die es zu wahren oder wiederherzustellen galt, miteinander verschränkt. Das Reden über den Frieden konnte so zum entscheidenden Element der Legitimierung des Krieges werden. Diese Zwiespältigkeit des mittelalterlich-christlichen Friedensdiskurses spiegelt sich bis heute im Diskurs der Vereinten Nationen, die neben „friedenssichernden Maßnahmen“ (Blauhelmmissionen) auch „friedenschaffende Maßnahmen“ (militärische Interventionen mit dem Ziel der kriegerischen Durchsetzung) kennt.
Im Rahmen der Dissertation wird untersucht, in welchem Verhältnis das Reden über Krieg und Frieden zur Realität stand, welche Verfahren zur Konfliktlösung die beteiligten Parteien anwandten und welche erkennbare Reichweite sie hatten.
Aufbauend auf diese Analyse der Begrifflichkeit stellt sich die Frage, wie der Diskurs über Krieg und Frieden in den Quellen verwendet wird und welche Dynamik er in den Auseinandersetzungen zwischen Armagnac und der Burgund von der Auslösung über seinen Verlauf bis zur schließlichen Beilegung entfaltete. Welche Strategie benutzen die Akteure des sozio-politischen Lebens, um ihre Autorität in dieser Zeit der Unruhen im Königreich Frankreich durch ihr Sprechen über Krieg und Frieden zu festigen, zu legitimieren und zu sichern? Oder vielmehr, welche Strategien der Rechtmäßigkeit verbreiten die Akteure, um ihre Macht zu festigen und ihre Legitimität anerkennen zu lassen?
Im ersten Teil widmet sich die Arbeit den konkurrierenden Rechtsansprüchen, die sich in den Quellen als unterschiedliche Theorien und Strategien der Legitimation von Machtansprüchen der Herrschenden entfalten Ein wesentlicher Aspekt die genealogisch begründete Legitimität des Herrschergeschlechts. Zu untersuchen war aber auch die Rolle der verschiedenen Formen von Allianzen und ihre Auswirkungen auf die Legitimität der unterschiedlichen Protagonisten des Konflikts. Die Affinitäten, geschaffen durch die Netzwerke der Verbündeten, schufen einen sozio-politischen Zusammenhalt und trugen bei zu einem ein von der Person des Königs unabhängigen Selbstverständnis der Protagonisten, das man als „patriotisch“ oder „protonational“ bezeichnen kann.
Die folgende Analyse befasst sich mit dem Konflikt zwischen Orleans und Burgund in der Phase vor dem Beginn der eigentlichen Kampfhandlungen. Die Eskalation der politischen Auseinandersetzung zu einem von wechselseitigem Hass gekennzeichneten Konflikt, lässt erkennen, dass diese Form des latenten Krieges als eine Strategie des Krieges des 15. Jahrhunderts mit ihren verschiedenen Methoden der Drohung, der Einschüchterung und der Konfrontation zu verstehen ist.
Abschließend untersucht der erste Teil die Terminologie des Krieges und der Kampfhandlungen. Es wird dabei erkennbar, dass die Autoren über eine differenzierte Terminologie verfügten, die die die drei Teilbereiche spielerische Auseinandersetzung, legitimer Krieg und unrechtmäßiger Krieg gegliedert werden können.
Im zweiten Abschnitt analysiert die Arbeit zunächst die Friedensterminologie, den Diskurs und das religiöse Vokabular des Friedens. Darauf aufbauend wird der soziale Ursprung der Akteure und Friedensstifter untersucht. Betrachtet wird ebenso das Handeln der Friedensstifter anhand ihrer Typologie und ihrer Strategien zur Versöhnung, welche sie zur Aussöhnung und zur Vereinigung der Protagonisten während der Krise einsetzen. Der letzte Abschnitt des zweiten Teils beschäftigt sich mit der Analyse der Symbolik und den Schauplätzen der Aussöhnung.
Schließlich werden die Strategien der Versöhnung und der Wiederherstellung des Friedens analysiert, aber auch die Hindernisse für den Frieden (wie die Krise der Kirche im 15. Jahrhundert und die Schwierigkeiten, Söldner zu kontrollieren und zu entlassen), um zu erklären, welche Faktoren die Rückkehr zum Frieden und zur sozialen Ordnung im Königreich Frankreich bis zum Vertrag von Arras im Jahr 1435 blockiert haben. Die Unterzeichnung des Friedensvertrags von Arras zeigt exemplarisch die Dynamik der Versöhnungs- und Friedensstrategien am Ende des Mittelalters. Die Rückkehr der Bourguignons in das Parlement de Paris nach 1436 belegt die schrittweise Umsetzung des Friedens. Die erste Sitzung des wiedervereinigten Parlaments am 1. Dezember 1436 markiert hier den Abschluss eines Prozesses, der mit der Wiedereinnahme der Hauptstadt Paris, die in den Händen der Engländer gewesen war, und der feierliche Einzug von Karl VII. in die Hauptstadt Paris am 02. November 1437 begonnen hatte. Die Lösung des Konflikts zwischen Armagnacs und Bourguignons war die Voraussetzung dafür, dass es in den folgenden Jahren gelingen konnte, die Engländer hinter die Grenzen des französischen Königreichs zurückzudrängen.
Von allen am Konflikt beteiligten Akteuren wurde der Frieden als höchstes Gut und wichtiges politisches Ziel wahrgenommen. Die Fürsten des Mittelalters schufen einen diskursiven Gebrauch und eine Kriegs- oder Friedensstrategie für den Beweis der Legitimität und benutzen diesen gelegentlich als politische Quelle. Auch wenn gewisse Schwierigkeiten zeigen, dass die Machthaber, weit davon entfernt, von ihren unterschiedlichen Interessen abzuweichen, Mühe hatten, ihren realen Wunsch nach Frieden Taten folgen zu lassen, gründen sie ihre Strategien der Versöhnung auf die sozio-kulturellen, religiösen und politischen Werte, mit dem Versuch, die Einigkeit in der Bevölkerung und die Rückkehr zur sozialen Harmonie und zum öffentlichen Frieden wiederherzustellen.
Der mittelalterliche Konflikt zwischen Armagnac und Burgund ist unter unterschiedlichen Gesichtspunkten bereits gut erforscht. Auch die Frage von Krieg und Frieden im Mittelalter ist Gegenstand vieler Untersuchungen gewesen. Die meisten Arbeiten konzentrieren sich jedoch, was den Krieg betrifft, auf Kampftechniken, und die sozialen, politischen und wirtschaftlichen Auswirkungen des Krieges, was den Frieden betrifft, auf theologische Aspekte oder auf die Diplomatiegeschichte.
Was die Militärgeschichte Frankreichs im Mittelalter betrifft, konzentrieren sich zahlreiche Studien auf verschiedene Gruppen von Soldaten im Dienst der Monarchie und ihrer politischen Akteure. Aufgrund der ständigen Kriegshandlungen oder Kriegsgefahr hatte die Aufbringung von Mitteln zur Sicherung der militärischen Handlungsfähigkeit bei allen Konfliktparteien eine hohe Priorität.
Ein besonders wichtiger Aspekt in der neueren Forschung ist die Analyse des Zusammenhangs von Recht und Politik. Politische Konflikte konnten als Kampf gegen das Verbrechen ausgetragen werden; andererseits erschütterte der politische Konflikt die Funktionsfähigkeit der Rechtsordnung. Dies zeigt sich auch darin, dass die königliche Gerichtsbarkeit in der Praxis mehr auf dem Recht der Gnade als auf die Durchsetzung Strenge des Rechts zu beruhen schien.
Gut erforscht ist die Vorstellung vom König als kriegerischem Ritter wie auch als Wahrer des Friedens, die in ihrer Ambivalenz das Spannungsfeld markiert, an dem sich die Legitimationsstrategien königlichen Handelns orientieren mussten. Dabei stand den Herrschern eine große Bandbreite von Ritualen zur Verfügung, um den sozialen Frieden wiederherzustellen und die Friedensschaffung als ihre Hauptbeschäftigung zu präsentieren.
In der Friedensforschung des Mittelalters spielen daher die Gesten und Riten eine wichtige Rolle, zu denen insbesondere das in den Quellen gut dokumentierte Zeremoniell der Aussöhnung gehört. Der Frieden wird dabei zum Mittel, um zu regieren und sich Respekt zu verschaffen.
Die wichtigsten Quellen, auf deren Auswertung sich die vorliegende Arbeit stützt, sind « Geste des Nobles François », die « Chronique de la Pucelle ou Chronique de Cousinot », die « Chronique Normande de Pierre Cochon », das « Journal d`un Bourgeois de Paris 1405-1449 » und schließlich die « Chronique du religieux de Saint-Denis ». Zu diesen Hauptquellen treten an vielen Stellen andere, auch literarische Texte hinzu, die es punktuell erlauben, andere Aspekte des Themas zu erhellen und Ansatzpunkte für eine Analyse des Diskurses und für die Behandlung der Frage nach Krieg und Frieden am Ende des Mittelalters bieten.
Die Texte, die im folgenden ausgewertet werden, sind während oder kurz nach den Ereignissen entstanden. Ihre Verfasser sind bei der Beschreibung der Ereignisse daher oft stark an ihre Zugehörigkeit zu einer der Konfliktparteien gebunden. So ist der Verfasser des « Journal d’un Bourgeois de Paris » erkennbar auf Seiten der burgundischen Partei. Im Gegenzug unterstützen andere, wie etwa der Autor der « Geste des Nobles François », die Seite der Orléans. Andere Autoren versuchen zumindest den Anschein zu erwecken, keiner der beiden am Konflikt beteiligten Gruppen anzugehören; hierzu zählt insbesondere die « Chronique du religieux de Saint-Denis ». Die Verfasser der Quellen hatten in vielen Fällen Zugang zu Informationen, die ihre Nähe zu den politischen Hauptakteuren belegen. Sie sind damit Augenzeugen der Ereignisse, aber auch selbst in den Konflikt eingebunden. Ihre Beschreibungen tragen auch zu dem Bild bei, das die Konfliktparteien von sich selbst entwerfen, dienen dabei bewusst oder unbewusst auch der « Propaganda ».
Die Autoren zeigen ihre Parteinahme und ihre Anhängerschaft zu einer Konfliktgruppe, indem sie die Verantwortung für den Krieg und die Störung des Friedens beim Gegner suchen. Ihre Sympathie für die Protagonisten erkennt man in Übertreibungen der Fakten und der Kritik, die sie an die jeweils andere Seite richten.
Neben der Darstellung der Ereignisse selbst, nehmen daher die Motive zur Rechtfertigung militärischer Unternehmungen, die Herausstellung der Abscheulichkeiten der Kriegshandlungen der Gegenseite, ein übertriebenes Lob der Heldentaten des eigenen Anführers und die Mahnung der anderen zum Frieden oft breiten Raum ein.
Die Autoren bedienen sich oft religiöser Vergleiche, um die geschilderten Ereignisse zu beschreiben und derjenigen Akteure herauszustellen, mit denen sie gute und nahe Beziehungen pflegen. Hinzu kommen auch Lobreden auf das Metier der Waffen.
Die Darstellungen inszenieren die Akteure der Krise und lassen die Repräsentanten des Königreich Frankreichs zu Wort kommen, Grausamkeiten der Kriegswirren anzuprangern. Sie ermahnen zur Versöhnung und zum Frieden, indem sie die Akteure zur Eintracht auffordern. Indem sie das Leid der Bevölkerung hervorheben, das sich nach Frieden sehnt, betonen sie die Notwendigkeit einer Rückkehr zur sozialen Ordnung. Dieses Ziel scheint moralisch gerechtfertigt und unstrittig zu sein, doch erweist sich bei näherer Betrachtung der Friedensbegriff seinerseits als ambivalent, da er (anders als der Waffenstillstand) nicht nur Ende der Kriegshandlungen, sondern auch eine dauerhafte Friedensordnung einschließt. Damit ist der „Frieden“ aber immer auch ein Ordnungsbegriff und der Streit um die Grundlagen und die Ausgestaltung dieser Ordnung birgt bereits die Ursache neuer Konflikte.
Aus methodischen Gründen ist es nützlich, unsere Quellen in drei große Gruppen zu gliedern: die Gruppe der Autoren, die mit dem Fürstenhaus Armagnac (Orléans) verbunden ist, wie z.B. der Autor der « Geste des Nobles François » und auch der Verfasser der « Chronique de la Pucelle », die andere Gruppe von Autoren, die mit den Burgundern in Verbindung stehen, unter denen besonders der Schriftsteller des « Journal d’un Bourgeois de Paris » besonders hervorzuheben ist, und schließlich die Gruppe der gemäßigten Autoren, bei denen die Verbindungen mit den verschiedenen Konfliktparteien nicht so offensichtlich wahrnehmbar ist.
Die parteigebundene Perspektive der erzählenden Quellen zeigt sich vor allem im Vergleich mit den erhaltenen Rechtstexten (Gesetze und Verträge), diplomatischer Korrespondenz (Berichterstattungen, Missionen, offizielle Briefe) den Aufzeichnungen über öffentlich gehaltene Reden und Predigten, aber auch mit Bildquellen.
Die lexikalische Studie nimmt einen wichtigen Platz in dieser Analyse ein. Auf Grundlage einer terminologischen Untersuchung konnte herausgearbeitet werden, wie der Wortschatz von Krieg und Frieden durch Gegensätze und Zusammenhänge strukturiert war, die das Denken und Reden über Konfliktaustragung und Konfliktlösung entscheidend bestimmten.
Die zentrale Fragestellung der Dissertation ist die Frage nach dem Spannungsverhältnis zwischen Vorstellungen von Krieg und Frieden in diesem konfliktreichen Umfeld. Der Fall Frankreichs wird analysiert als regionaler Konflikt mit internationaler Ausstrahlung, da sein Verlauf den Hundertjährigen Krieg zwischen England und Frankreich beeinflusste und durch ihn beeinflusst wurde. Zahlreiche Texte der Zeit behandeln die Wahrung der öffentlichen Ordnung und die Bestrebungen zur Sicherung des Friedens, doch stellt sich die Frage, was mit diesen Begriffen jeweils gemeint ist. Die Basis bildet daher eine Analyse der von den verschiedenen politischen Lagern in den Quellen verwendeten Terminologie. Darauf aufbauend wird nach den Auswirkungen der Diskurse über Krieg und Frieden auf den Verlauf des Konfliktes gefragt. Das frühe 15. Jahrhundert ist geprägt von einem Zerfall der königlichen Autorität und der zentralen herrschaftlichen Strukturen im Königreich Frankreich. Gleichzeitig jedoch entwickelte sich eine Dynamik des Friedens in dieser Periode, die in zahlreichen Verhandlungen zum Zweck der Friedensstiftung ihren Ausdruck fand.
Der auf Konsens und Ausgleich zielende Diskurs über den Frieden war aufgeladen mit weitreichenden Vorstellungen sozialer Ordnung und herrschaftlicher Legitimität. Diese christliche Kultur des Spätmittelalters sah in der Wahrung des Friedens ein zentrales Gebot Gottes, kannte aber zugleich einen den Krieg legitimierenden Diskurs, der sich in den vorangegangenen Jahrhunderten (Gottesfrieden, Kreuzzüge) entwickelt hatte. Beide Diskurse waren über das Konzept der gottgewollten Ordnung, die es zu wahren oder wiederherzustellen galt, miteinander verschränkt. Das Reden über den Frieden konnte so zum entscheidenden Element der Legitimierung des Krieges werden. Diese Zwiespältigkeit des mittelalterlich-christlichen Friedensdiskurses spiegelt sich bis heute im Diskurs der Vereinten Nationen, die neben „friedenssichernden Maßnahmen“ (Blauhelmmissionen) auch „friedenschaffende Maßnahmen“ (militärische Interventionen mit dem Ziel der kriegerischen Durchsetzung) kennt.
Im Rahmen der Dissertation wird untersucht, in welchem Verhältnis das Reden über Krieg und Frieden zur Realität stand, welche Verfahren zur Konfliktlösung die beteiligten Parteien anwandten und welche erkennbare Reichweite sie hatten.
Aufbauend auf diese Analyse der Begrifflichkeit stellt sich die Frage, wie der Diskurs über Krieg und Frieden in den Quellen verwendet wird und welche Dynamik er in den Auseinandersetzungen zwischen Armagnac und der Burgund von der Auslösung über seinen Verlauf bis zur schließlichen Beilegung entfaltete. Welche Strategie benutzen die Akteure des sozio-politischen Lebens, um ihre Autorität in dieser Zeit der Unruhen im Königreich Frankreich durch ihr Sprechen über Krieg und Frieden zu festigen, zu legitimieren und zu sichern? Oder vielmehr, welche Strategien der Rechtmäßigkeit verbreiten die Akteure, um ihre Macht zu festigen und ihre Legitimität anerkennen zu lassen?
Im ersten Teil widmet sich die Arbeit den konkurrierenden Rechtsansprüchen, die sich in den Quellen als unterschiedliche Theorien und Strategien der Legitimation von Machtansprüchen der Herrschenden entfalten Ein wesentlicher Aspekt die genealogisch begründete Legitimität des Herrschergeschlechts. Zu untersuchen war aber auch die Rolle der verschiedenen Formen von Allianzen und ihre Auswirkungen auf die Legitimität der unterschiedlichen Protagonisten des Konflikts. Die Affinitäten, geschaffen durch die Netzwerke der Verbündeten, schufen einen sozio-politischen Zusammenhalt und trugen bei zu einem ein von der Person des Königs unabhängigen Selbstverständnis der Protagonisten, das man als „patriotisch“ oder „protonational“ bezeichnen kann.
Die folgende Analyse befasst sich mit dem Konflikt zwischen Orleans und Burgund in der Phase vor dem Beginn der eigentlichen Kampfhandlungen. Die Eskalation der politischen Auseinandersetzung zu einem von wechselseitigem Hass gekennzeichneten Konflikt, lässt erkennen, dass diese Form des latenten Krieges als eine Strategie des Krieges des 15. Jahrhunderts mit ihren verschiedenen Methoden der Drohung, der Einschüchterung und der Konfrontation zu verstehen ist.
Abschließend untersucht der erste Teil die Terminologie des Krieges und der Kampfhandlungen. Es wird dabei erkennbar, dass die Autoren über eine differenzierte Terminologie verfügten, die die die drei Teilbereiche spielerische Auseinandersetzung, legitimer Krieg und unrechtmäßiger Krieg gegliedert werden können.
Im zweiten Abschnitt analysiert die Arbeit zunächst die Friedensterminologie, den Diskurs und das religiöse Vokabular des Friedens. Darauf aufbauend wird der soziale Ursprung der Akteure und Friedensstifter untersucht. Betrachtet wird ebenso das Handeln der Friedensstifter anhand ihrer Typologie und ihrer Strategien zur Versöhnung, welche sie zur Aussöhnung und zur Vereinigung der Protagonisten während der Krise einsetzen. Der letzte Abschnitt des zweiten Teils beschäftigt sich mit der Analyse der Symbolik und den Schauplätzen der Aussöhnung.
Schließlich werden die Strategien der Versöhnung und der Wiederherstellung des Friedens analysiert, aber auch die Hindernisse für den Frieden (wie die Krise der Kirche im 15. Jahrhundert und die Schwierigkeiten, Söldner zu kontrollieren und zu entlassen), um zu erklären, welche Faktoren die Rückkehr zum Frieden und zur sozialen Ordnung im Königreich Frankreich bis zum Vertrag von Arras im Jahr 1435 blockiert haben. Die Unterzeichnung des Friedensvertrags von Arras zeigt exemplarisch die Dynamik der Versöhnungs- und Friedensstrategien am Ende des Mittelalters. Die Rückkehr der Bourguignons in das Parlement de Paris nach 1436 belegt die schrittweise Umsetzung des Friedens. Die erste Sitzung des wiedervereinigten Parlaments am 1. Dezember 1436 markiert hier den Abschluss eines Prozesses, der mit der Wiedereinnahme der Hauptstadt Paris, die in den Händen der Engländer gewesen war, und der feierliche Einzug von Karl VII. in die Hauptstadt Paris am 02. November 1437 begonnen hatte. Die Lösung des Konflikts zwischen Armagnacs und Bourguignons war die Voraussetzung dafür, dass es in den folgenden Jahren gelingen konnte, die Engländer hinter die Grenzen des französischen Königreichs zurückzudrängen.
Von allen am Konflikt beteiligten Akteuren wurde der Frieden als höchstes Gut und wichtiges politisches Ziel wahrgenommen. Die Fürsten des Mittelalters schufen einen diskursiven Gebrauch und eine Kriegs- oder Friedensstrategie für den Beweis der Legitimität und benutzen diesen gelegentlich als politische Quelle. Auch wenn gewisse Schwierigkeiten zeigen, dass die Machthaber, weit davon entfernt, von ihren unterschiedlichen Interessen abzuweichen, Mühe hatten, ihren realen Wunsch nach Frieden Taten folgen zu lassen, gründen sie ihre Strategien der Versöhnung auf die sozio-kulturellen, religiösen und politischen Werte, mit dem Versuch, die Einigkeit in der Bevölkerung und die Rückkehr zur sozialen Harmonie und zum öffentlichen Frieden wiederherzustellen.
La thèse porte sur le conflit entre les Armagnacs et les Bourguignons et sa résolution de 1404 à 1437. L’Orléans et la Bourgogne sont en fait deux grands duchés du royaume de France. Cette crise des princes français qui a dégénéré en guerre civile au XVe siècle, s’est greffée sur la Guerre de cent ans.
L’étude de ce conflit est réalisée sur la base de plusieurs sources manuscrites, de sources d’archives et de sources imprimées. La "Geste des Nobles François", la "Chronique de la Pucelle ou Chronique de Cousinot", la "Chronique Normande de Pierre Cochon", le "Journal d’un Bourgeois de Paris 1405-1449" et la "Chronique du religieux de Saint-Denis" constituent les principales sources de cette analyse.
Les sources utilisées sont un témoignage inouï des heurts et malheurs du royaume de France au-delà de quelques variantes qu’elles présentent. Elles relatent les événements des règnes des rois et seigneurs du royaume. Les auteurs des sources mettent en scène les acteurs de la crise puis font parler les représentants du royaume. Ils exhortent en outre les acteurs de la crise à la concorde et à la réconciliation tout en mentionnant par ailleurs, d’importants faits de guerre, la diplomatie médiévale et les procédures de réconciliation qui concourent au retour de la cohésion sociale. Ces contemporains ont pour la plupart occupé de hautes fonctions qui leur permettent de fournir des détails sur les évènements relatés. Leurs récits truffés d’éloges et autres formes de "propagandes", sont l’œuvre de témoins oculaires des évènements.
En dépit des troubles et les guerres qui marquent la fin du Moyen Âge, l’étude témoigne bien que cette période se caractérise aussi par l’existence d’une dynamique de paix qui est attestée par les faits relatifs aux nombreuses médiations et négociations de paix rencontrées dans les sources. La thèse apporte une contribution à la problématique des conflits et de leur résolution, en traitant particulièrement le conflit des Armagnacs et des Bourguignons. Elle permet de cerner les implications du pouvoir royal et des autorités religieuses dans la guerre, la recherche de la paix et le maintien de la cohésion sociale. À travers une approche terminologique des notions de guerre et de paix, l’étude montre comment les sociétés médiévales se prennent pour faciliter l’apaisement des conflits puis rétablir la paix et la concorde entre des parties protagonistes, des problématiques qui font toujours l’objet de nombreux débats et interprétations puis suscitent des réflexions sur les possibilités de réduction des conflits dans le monde.
L’étude de ce conflit est réalisée sur la base de plusieurs sources manuscrites, de sources d’archives et de sources imprimées. La "Geste des Nobles François", la "Chronique de la Pucelle ou Chronique de Cousinot", la "Chronique Normande de Pierre Cochon", le "Journal d’un Bourgeois de Paris 1405-1449" et la "Chronique du religieux de Saint-Denis" constituent les principales sources de cette analyse.
Les sources utilisées sont un témoignage inouï des heurts et malheurs du royaume de France au-delà de quelques variantes qu’elles présentent. Elles relatent les événements des règnes des rois et seigneurs du royaume. Les auteurs des sources mettent en scène les acteurs de la crise puis font parler les représentants du royaume. Ils exhortent en outre les acteurs de la crise à la concorde et à la réconciliation tout en mentionnant par ailleurs, d’importants faits de guerre, la diplomatie médiévale et les procédures de réconciliation qui concourent au retour de la cohésion sociale. Ces contemporains ont pour la plupart occupé de hautes fonctions qui leur permettent de fournir des détails sur les évènements relatés. Leurs récits truffés d’éloges et autres formes de "propagandes", sont l’œuvre de témoins oculaires des évènements.
En dépit des troubles et les guerres qui marquent la fin du Moyen Âge, l’étude témoigne bien que cette période se caractérise aussi par l’existence d’une dynamique de paix qui est attestée par les faits relatifs aux nombreuses médiations et négociations de paix rencontrées dans les sources. La thèse apporte une contribution à la problématique des conflits et de leur résolution, en traitant particulièrement le conflit des Armagnacs et des Bourguignons. Elle permet de cerner les implications du pouvoir royal et des autorités religieuses dans la guerre, la recherche de la paix et le maintien de la cohésion sociale. À travers une approche terminologique des notions de guerre et de paix, l’étude montre comment les sociétés médiévales se prennent pour faciliter l’apaisement des conflits puis rétablir la paix et la concorde entre des parties protagonistes, des problématiques qui font toujours l’objet de nombreux débats et interprétations puis suscitent des réflexions sur les possibilités de réduction des conflits dans le monde.
GND Keywords: ; ;
Frankreich
Bürgerkrieg der Armagnacs und Bourguignons
Geschichte 1404-1437
Keywords: ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ;
Conflit
résolution
concorde
réconciliation
diplomatie
Armagnacs
Bourguignons
Orléans
duché
guerre civile
Guerre de cent ans
Konflikt
Konfliktparteien
Söldner
Königreich
Fürsten
Armagnac
Burgund
Herzog
Hundertjähriger Krieg
Frieden
Friedensschaffung
Friedensdiskurs
Diplomatiegeschichte
Rechtsordnung
Ritter
Legitimität
DDC Classification:
RVK Classification:
Type:
Doctoralthesis
Activation date:
December 10, 2015
Permalink
https://fis.uni-bamberg.de/handle/uniba/39725