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Sozialer Raum und Lebenszufriedenheit im Alter : Außerhäusliche Mobilität, soziale Kontakte und regionaler Kontext
Reiche, Mareike (2024): Sozialer Raum und Lebenszufriedenheit im Alter : Außerhäusliche Mobilität, soziale Kontakte und regionaler Kontext, Bamberg: Otto-Friedrich-Universität, doi: 10.20378/irb-96615.
Author:
Alternative Title:
Social space and life satisfaction in old age : Mobility, social contacts and regional context
Publisher Information:
Year of publication:
2024
Pages:
Supervisor:
Language:
German
Remark:
Dissertation, Otto-Friedrich-Universität Bamberg, 2024
DOI:
Abstract:
Die vorliegende Arbeit untersucht anhand zweier empirischer Studien die sozialräumliche Lebenssituation und ihre Verbindung mit der Lebenszufriedenheit älterer Menschen in Deutschland. Beide Studien bestätigen auf ihre Weise die folgenden Forschungsziele, wobei die erste Studie die quantitativen Zusammenhänge zwischen den genannten Aspekten auswertet und die zweite Studie zusätzlich qualitativ erhobene Daten auf Basis eines in dieser Arbeit entwickelten methodischen Vorgehens in ihrem räumlichen Kontext betrachtet.
Forschungsziel A: Außerhäusliche Mobilität, soziale Kontakte und regionaler Kontext stehen in einem sozialräumlichen Verhältnis zueinander.
Forschungsziel B: Das sozialräumliche Verhältnis zwischen außerhäuslicher Mobilität, sozialen Kontakten und dem regionalen Kontext steht im Zusammenhang mit der Lebenszufriedenheit im Alter.
Die Forschungsziele stützen sich auf verschiedene theoretische Ansätze, im Besonderen Löws relationales Raumverständnis (2001), welches soziales Handeln und den physischen Ort innerhalb eines sozialen Raums verbindet, sowie Ansätze auf Basis von Person-Umwelt-Relationen (Lawton/Nahemow 1973; Saup 1993; Wahl/Oswald/Mollenkopf 1999). Zudem erlaubt die theoretische Einbettung der handlungstheoretischen Charakterisierung von Mobilität aus sozialwissenschaftlicher Sicht, die Verbindung zwischen physischem Ort, sozialen Kontakten und der Mobilität herzustellen. Das Konzept der Lebenszufriedenheit im Alter lässt sich theoretisch mit dem „Dimensions of Welfare“-Ansatz (Allardt 1973) fassen und durch verschiedene gerontologische Ansätze (wie beispielsweise dem „Disengagement“-Ansatz (Cumming/Henry 1961) oder mit dem Theorieansatz der „Sozioemotionalen Selektivität“ (Carstensen 1987)) fundieren. Lebenszufriedenheit kann als Bewertungsmaß der Lebensverhältnisse in der Gesellschaft genutzt werden; sie gilt als Indikator, inwieweit die Gesellschaft die Bedürfnisse ihrer Bürger*innen befriedigt (Veenhoven 1997).
In der empirischen Literatur wurde der Zusammenhang von sozialen Kontakten und außerhäuslicher Mobilität im Alter selten untersucht. Die vorhandene Literatur bezieht sich dabei in der Regel lediglich auf ausgewählte Aspekte (z. B. Haushaltsgröße oder Verkehrsmittelwahl) (Mollenkopf et al. 1997; Engeln/Schlag 2001; Mollenkopf/Flaschenträger 2001; Bauer/Rottunda/Adler 2003; Baas et al. 2005; Scheiner 2006; Musselwhite/Haddad 2010; Zeitler/Buys 2015; Nowossadeck/Mahne 2017).
Auch der Zusammenhang regionaler Strukturen mit der außerhäuslichen Mobilität wurde bislang ungenügend beleuchtet. Die vorhandene Literatur weist vor allem auf Stadt-Land- und Ost-West-Unterschiede hin (Engeln/Schlag 2001; Mollenkopf et al. 2001; Mollenkopf/Flaschenträger 2001; Mollenkopf 2002; Engstler et al. 2004; Siren/Hakamies-Blomqvist 2004; Scheiner 2006; infas/DLR 2010; Hjorthol 2013; Haustein/Siren 2014; Haustein/Siren 2015; Zeitler/Buys 2015).
Zur Frage nach der Verbindung zwischen Kontext und sozialen Beziehungen im Alter finden sich nur wenige Quellen (Simonson et al. 2013; Wiest/Nowossadeck/Tesch-Römer 2015; Huxhold/Fiori 2019), die direkt auf (infra )strukturelle Aspekte der Regionen eingehen. Ein großer Teil der Literatur bezieht sich ebenfalls auf Stadt-Land-Unterschiede (Lee/Lassey 1980; Wenger 1982; Scott/Roberto 1987; Hofferth/Iceland 1988; Pappi/Melbeck 1988; Amato 1993; Wagner/Wolf 2001; Schilling/Wahl 2002; Scherger/Brauer/Künemund 2004; Mollenkopf/Kaspar 2005; Schweppe 2005; Hamilton/Miedema 2007; Mair/Thivierge-Rikard 2010; Garrett/Poulain 2018). Sie stammt zumeist aus den 1980er bzw. 1990er Jahren und brachte heterogene Befunde zutage.
Die Literatur nimmt oft einen rein hypothetischen Zusammenhang zwischen außerhäuslicher Mobilität und der Lebenszufriedenheit im Alter an, der jedoch selten empirisch geprüft wurde (Mollenkopf/Flaschenträger 2001; Engeln 2003; Mollenkopf 2005; Hieber et al. 2006; Siren/Hakamies-Blomqvist 2009; Mahne/Naumann/Block 2010) oder sie bezieht lediglich körperliche Mobilitätseinschränkungen ein (Engeln 2003; Ruoppila/Raitanen 2004; Tesch-Römer/Wurm 2006; infas/DLR 2010; Mollaoğlu/Tuncay/Fertelli 2010).
Außerdem sind Erkenntnisse über den Zusammenhang zwischen Lebenszufriedenheit im Alter und regionalen Strukturen rar. Die vorhandene Literatur untersucht dabei selten gleichzeitig individuelle Merkmale und regionale Ausstattung, wie dies z. B. Hamilton/Miedema 2007; Böhnke/Kohler 2008; Gerstorf et al. 2010; Goebel/Habich/Krause 2010; Tesch-Römer/Wiest/Wurm 2010; Luhmann/Murdoch/Hawkley 2015; Wiest/Nowossadeck/Tesch-Römer 2015 tun.
Die quantitative Studie zeigt erstens, dass individuelle Merkmale wie die Mobilität außer Haus und soziale Kontakte in Verbindung miteinander stehen. Für kontextuelle Merkmale, die die regionale Ausstattung und (Infra-)Strukturen auf der Ebene der (Stadt- und Land-)Kreise und kreisfreien Städte repräsentieren, konnte zwar keine Verbindung zu sozialen Kontakten älterer Menschen nachgewiesen werden, jedoch hängen diese regionalen Strukturen mit der realisierte Mobilität außer Haus zusammen (Forschungsziel A). Zweitens verweisen die Ergebnisse darauf, dass außerhäusliche Mobilität und soziale Kontakte in einer Verbindung zu Leben im Alter, gemessen an der allgemeinen Lebenszufriedenheit, stehen. Die regionale Struktur moderiert dabei die Zusammenhänge mit der allgemeinen Lebenszufriedenheit im Alter (Forschungsziel B). Die Ausgestaltung des Lebens im Alter steht im Zusammenhang mit dem geografischen Gebiet in dem alte Menschen leben und mit ihrem sozialen Kapital und ihren Mobilitätsressourcen. Um Aufschluss über diese beiden Forschungsthemen zu erhalten, wurden neben Korrelationsanalysen, die den Zusammenhang von außerhäuslicher Mobilität und sozialen Kontakten bestätigen, Mehrebenenanalysen verwendet. Die Datengrundlage bildeten der DEAS 2014 (Mahne/Wolff/Tesch-Römer 2016) und drei Indikatoren aus den INKAR (BBSR 2013); ausgewählt wurden 3823 Fälle in 204 (Stadt- und Land-)Kreisen und kreisfreien Städten, um die sozialräumlichen Zusammenhänge individueller und (infra‑)struktureller Merkmale mit dem Leben im Alter zu schätzen. Mehrebenenmodelle bieten den Vorteil, dass der Anteil der Varianz der hier interessierenden individuellen Regressanden, der auf kreisspezifische Merkmale zurückzuführen ist, geschätzt und der relative Zusammenhang mit bestimmten kontextuellen Hintergründen quantifiziert werden kann.
Die quantitative Studie förderte Zusammenhänge verschiedener sozialräumlicher Merkmale untereinander und mit dem Leben im Alter zutage. Dabei stellt sich die offene und konzeptionelle Frage nach den eigentlichen Mechanismen, die den individuellen Sozialraum von Personen beschreiben können (hier im Speziellen diejenigen, die sich zwischen außerhäuslicher Mobilität, sozialen Kontakten und dem geografischen Raum abspielen), und nach ihrer Bedeutung für die Lebenszufriedenheit im Alter. Mit der QGPS-Studie können nicht nur (statistische) Ergebnisse aus der quantitativen Studie mit tiefergehenden Einsichten bereichert werden, sondern auch darüber hinaus neue, explorative Verständnis-Ansätze geschaffen werden. Die QGPS-Studie der vorliegenden Arbeit geht dieser Fragestellung mit einem Forschungsansatz nach, welcher qualitative Befragungsinformationen mit GPS-Tracking und geografischen Kontextinformationen verbindet.
Mit dieser Methode wurden als Basis Mobilitätsmuster der älteren Studienteilnehmenden aufgezeigt, die Wege, Motive und Veränderungen der eigenen außerhäuslichen Mobilität wie die Verkehrsmittelwahl oder verkehrsverursachende und -reduzierende Unternehmungen erfassen.
Darauf aufbauend verweisen die Ergebnisse auf die Vielfalt der Relationen im Sozialraum, die zwischen sozialen Kontakten, der außerhäuslichen Mobilität und dem regionalen Kontext bestehen (Forschungsziel A). Im Anschluss vertiefen die Ergebnisse die Verbindungen, die zwischen den Relationen im Sozialraum und der Lebenszufriedenheit existieren (Forschungsziel B). Ziel der QGPS-Studie war es, einen explorativen und vor allem beschreibenden Einblick in diese vielfältig vorhandenen Mechanismen zu geben und entsprechende Relationen zu lokalisieren. Um diesem Forschungsinteresse nachzugehen, wurde QGPS als Methode konzipiert, die ein raumbezogenes, qualitativ ausgerichtetes Forschungsinteresse mit geografischen Informationen verbindet. Durch den Einsatz von QGPS liegt nun die Stärke der vorliegenden Arbeit darin, den Facettenreichtum dieser sozialraumbezogenen Relationen herauszustellen.
Die Daten der QGPS-Studie stammen von elf Probandinnen und Probanden im Alter von 65 bis 89 Jahren aus einer ländlichen Kommune in Oberfranken, die mithilfe eines selektiven Stichprobenplans ausgewählt wurden. Zur Erhebung zeichneten diese ihre zurückgelegten Wege und erreichten Orte mit einem GPS-Gerät auf. Zudem wurden sie mit leitfadengestützten Interviews zu ihrer außerhäuslichen Mobilität, ihrer sozialen Einbindung, räumlichen Umgebung und zu ihrer (sozialräumlich bezogenen) allgemeinen Lebenszufriedenheit befragt. Ein zusätzlicher Kurzfragebogen erfasste soziodemografische Daten oder Aussagen über die gesundheitliche Verfassung. QGPS vereint die bekannte Methode der qualitativen Befragung, die sich auf eigene Angaben der Proband*innen bezieht, und einen GPS-Ansatz, bei dem Bewegungsdaten technologiegestützt erhoben werden. QGPS sieht vor, zunächst die GPS-basierten Daten in einem GIS-Programm geografisch zu verorten und die teilstrukturierten Befragungsdaten mithilfe einer qualitativen Inhaltsanalyse zu erschließen und letztere sodann über ihren indirekten oder direkten Orts- oder Bewegungsbezug zu kartieren. Dazu werden räumliche Transkripte durch die Georeferenzierung qualitativer Aussagen innerhalb der GIS-Software hergestellt. Für die Analyse stehen somit Daten auf verschiedenen Ebenen bereit: geografische Kontextinformationen, (durch Proband*innnenerhebung entstandene und im Nachgang georeferenzierte) inhaltsanalytische Informationen und Bewegungsdaten. Daraufhin werden die Ergebnisse als inhaltliche Konzepte mittels Zusammenführung und Selektion dieser Daten extrahiert. So ermöglicht es QGPS, nicht nur räumliche Positionsdaten, sondern insbesondere auch Bewegungsdaten, in Verbindung mit qualitativen Informationen zu bringen. Der erweiterte Informationsgehalt, den die so geschaffenen mehrdimensionalen Bilder im Koordinatensystem aufweisen, steigert den möglichen Erkenntnisgewinn im Analyseprozess und bei der Ergebnispräsentation. Die für die Studie hergestellte QGPS lässt es zu, verschiedene individuelle Wahrnehmungen und Deutungen sozialer Räume zu erheben und zu verstehen. Es entsteht ein intersubjektiv geprägtes Bild des beforschten sozialen Raums.
Forschungsziel A: Außerhäusliche Mobilität, soziale Kontakte und regionaler Kontext stehen in einem sozialräumlichen Verhältnis zueinander.
Forschungsziel B: Das sozialräumliche Verhältnis zwischen außerhäuslicher Mobilität, sozialen Kontakten und dem regionalen Kontext steht im Zusammenhang mit der Lebenszufriedenheit im Alter.
Die Forschungsziele stützen sich auf verschiedene theoretische Ansätze, im Besonderen Löws relationales Raumverständnis (2001), welches soziales Handeln und den physischen Ort innerhalb eines sozialen Raums verbindet, sowie Ansätze auf Basis von Person-Umwelt-Relationen (Lawton/Nahemow 1973; Saup 1993; Wahl/Oswald/Mollenkopf 1999). Zudem erlaubt die theoretische Einbettung der handlungstheoretischen Charakterisierung von Mobilität aus sozialwissenschaftlicher Sicht, die Verbindung zwischen physischem Ort, sozialen Kontakten und der Mobilität herzustellen. Das Konzept der Lebenszufriedenheit im Alter lässt sich theoretisch mit dem „Dimensions of Welfare“-Ansatz (Allardt 1973) fassen und durch verschiedene gerontologische Ansätze (wie beispielsweise dem „Disengagement“-Ansatz (Cumming/Henry 1961) oder mit dem Theorieansatz der „Sozioemotionalen Selektivität“ (Carstensen 1987)) fundieren. Lebenszufriedenheit kann als Bewertungsmaß der Lebensverhältnisse in der Gesellschaft genutzt werden; sie gilt als Indikator, inwieweit die Gesellschaft die Bedürfnisse ihrer Bürger*innen befriedigt (Veenhoven 1997).
In der empirischen Literatur wurde der Zusammenhang von sozialen Kontakten und außerhäuslicher Mobilität im Alter selten untersucht. Die vorhandene Literatur bezieht sich dabei in der Regel lediglich auf ausgewählte Aspekte (z. B. Haushaltsgröße oder Verkehrsmittelwahl) (Mollenkopf et al. 1997; Engeln/Schlag 2001; Mollenkopf/Flaschenträger 2001; Bauer/Rottunda/Adler 2003; Baas et al. 2005; Scheiner 2006; Musselwhite/Haddad 2010; Zeitler/Buys 2015; Nowossadeck/Mahne 2017).
Auch der Zusammenhang regionaler Strukturen mit der außerhäuslichen Mobilität wurde bislang ungenügend beleuchtet. Die vorhandene Literatur weist vor allem auf Stadt-Land- und Ost-West-Unterschiede hin (Engeln/Schlag 2001; Mollenkopf et al. 2001; Mollenkopf/Flaschenträger 2001; Mollenkopf 2002; Engstler et al. 2004; Siren/Hakamies-Blomqvist 2004; Scheiner 2006; infas/DLR 2010; Hjorthol 2013; Haustein/Siren 2014; Haustein/Siren 2015; Zeitler/Buys 2015).
Zur Frage nach der Verbindung zwischen Kontext und sozialen Beziehungen im Alter finden sich nur wenige Quellen (Simonson et al. 2013; Wiest/Nowossadeck/Tesch-Römer 2015; Huxhold/Fiori 2019), die direkt auf (infra )strukturelle Aspekte der Regionen eingehen. Ein großer Teil der Literatur bezieht sich ebenfalls auf Stadt-Land-Unterschiede (Lee/Lassey 1980; Wenger 1982; Scott/Roberto 1987; Hofferth/Iceland 1988; Pappi/Melbeck 1988; Amato 1993; Wagner/Wolf 2001; Schilling/Wahl 2002; Scherger/Brauer/Künemund 2004; Mollenkopf/Kaspar 2005; Schweppe 2005; Hamilton/Miedema 2007; Mair/Thivierge-Rikard 2010; Garrett/Poulain 2018). Sie stammt zumeist aus den 1980er bzw. 1990er Jahren und brachte heterogene Befunde zutage.
Die Literatur nimmt oft einen rein hypothetischen Zusammenhang zwischen außerhäuslicher Mobilität und der Lebenszufriedenheit im Alter an, der jedoch selten empirisch geprüft wurde (Mollenkopf/Flaschenträger 2001; Engeln 2003; Mollenkopf 2005; Hieber et al. 2006; Siren/Hakamies-Blomqvist 2009; Mahne/Naumann/Block 2010) oder sie bezieht lediglich körperliche Mobilitätseinschränkungen ein (Engeln 2003; Ruoppila/Raitanen 2004; Tesch-Römer/Wurm 2006; infas/DLR 2010; Mollaoğlu/Tuncay/Fertelli 2010).
Außerdem sind Erkenntnisse über den Zusammenhang zwischen Lebenszufriedenheit im Alter und regionalen Strukturen rar. Die vorhandene Literatur untersucht dabei selten gleichzeitig individuelle Merkmale und regionale Ausstattung, wie dies z. B. Hamilton/Miedema 2007; Böhnke/Kohler 2008; Gerstorf et al. 2010; Goebel/Habich/Krause 2010; Tesch-Römer/Wiest/Wurm 2010; Luhmann/Murdoch/Hawkley 2015; Wiest/Nowossadeck/Tesch-Römer 2015 tun.
Die quantitative Studie zeigt erstens, dass individuelle Merkmale wie die Mobilität außer Haus und soziale Kontakte in Verbindung miteinander stehen. Für kontextuelle Merkmale, die die regionale Ausstattung und (Infra-)Strukturen auf der Ebene der (Stadt- und Land-)Kreise und kreisfreien Städte repräsentieren, konnte zwar keine Verbindung zu sozialen Kontakten älterer Menschen nachgewiesen werden, jedoch hängen diese regionalen Strukturen mit der realisierte Mobilität außer Haus zusammen (Forschungsziel A). Zweitens verweisen die Ergebnisse darauf, dass außerhäusliche Mobilität und soziale Kontakte in einer Verbindung zu Leben im Alter, gemessen an der allgemeinen Lebenszufriedenheit, stehen. Die regionale Struktur moderiert dabei die Zusammenhänge mit der allgemeinen Lebenszufriedenheit im Alter (Forschungsziel B). Die Ausgestaltung des Lebens im Alter steht im Zusammenhang mit dem geografischen Gebiet in dem alte Menschen leben und mit ihrem sozialen Kapital und ihren Mobilitätsressourcen. Um Aufschluss über diese beiden Forschungsthemen zu erhalten, wurden neben Korrelationsanalysen, die den Zusammenhang von außerhäuslicher Mobilität und sozialen Kontakten bestätigen, Mehrebenenanalysen verwendet. Die Datengrundlage bildeten der DEAS 2014 (Mahne/Wolff/Tesch-Römer 2016) und drei Indikatoren aus den INKAR (BBSR 2013); ausgewählt wurden 3823 Fälle in 204 (Stadt- und Land-)Kreisen und kreisfreien Städten, um die sozialräumlichen Zusammenhänge individueller und (infra‑)struktureller Merkmale mit dem Leben im Alter zu schätzen. Mehrebenenmodelle bieten den Vorteil, dass der Anteil der Varianz der hier interessierenden individuellen Regressanden, der auf kreisspezifische Merkmale zurückzuführen ist, geschätzt und der relative Zusammenhang mit bestimmten kontextuellen Hintergründen quantifiziert werden kann.
Die quantitative Studie förderte Zusammenhänge verschiedener sozialräumlicher Merkmale untereinander und mit dem Leben im Alter zutage. Dabei stellt sich die offene und konzeptionelle Frage nach den eigentlichen Mechanismen, die den individuellen Sozialraum von Personen beschreiben können (hier im Speziellen diejenigen, die sich zwischen außerhäuslicher Mobilität, sozialen Kontakten und dem geografischen Raum abspielen), und nach ihrer Bedeutung für die Lebenszufriedenheit im Alter. Mit der QGPS-Studie können nicht nur (statistische) Ergebnisse aus der quantitativen Studie mit tiefergehenden Einsichten bereichert werden, sondern auch darüber hinaus neue, explorative Verständnis-Ansätze geschaffen werden. Die QGPS-Studie der vorliegenden Arbeit geht dieser Fragestellung mit einem Forschungsansatz nach, welcher qualitative Befragungsinformationen mit GPS-Tracking und geografischen Kontextinformationen verbindet.
Mit dieser Methode wurden als Basis Mobilitätsmuster der älteren Studienteilnehmenden aufgezeigt, die Wege, Motive und Veränderungen der eigenen außerhäuslichen Mobilität wie die Verkehrsmittelwahl oder verkehrsverursachende und -reduzierende Unternehmungen erfassen.
Darauf aufbauend verweisen die Ergebnisse auf die Vielfalt der Relationen im Sozialraum, die zwischen sozialen Kontakten, der außerhäuslichen Mobilität und dem regionalen Kontext bestehen (Forschungsziel A). Im Anschluss vertiefen die Ergebnisse die Verbindungen, die zwischen den Relationen im Sozialraum und der Lebenszufriedenheit existieren (Forschungsziel B). Ziel der QGPS-Studie war es, einen explorativen und vor allem beschreibenden Einblick in diese vielfältig vorhandenen Mechanismen zu geben und entsprechende Relationen zu lokalisieren. Um diesem Forschungsinteresse nachzugehen, wurde QGPS als Methode konzipiert, die ein raumbezogenes, qualitativ ausgerichtetes Forschungsinteresse mit geografischen Informationen verbindet. Durch den Einsatz von QGPS liegt nun die Stärke der vorliegenden Arbeit darin, den Facettenreichtum dieser sozialraumbezogenen Relationen herauszustellen.
Die Daten der QGPS-Studie stammen von elf Probandinnen und Probanden im Alter von 65 bis 89 Jahren aus einer ländlichen Kommune in Oberfranken, die mithilfe eines selektiven Stichprobenplans ausgewählt wurden. Zur Erhebung zeichneten diese ihre zurückgelegten Wege und erreichten Orte mit einem GPS-Gerät auf. Zudem wurden sie mit leitfadengestützten Interviews zu ihrer außerhäuslichen Mobilität, ihrer sozialen Einbindung, räumlichen Umgebung und zu ihrer (sozialräumlich bezogenen) allgemeinen Lebenszufriedenheit befragt. Ein zusätzlicher Kurzfragebogen erfasste soziodemografische Daten oder Aussagen über die gesundheitliche Verfassung. QGPS vereint die bekannte Methode der qualitativen Befragung, die sich auf eigene Angaben der Proband*innen bezieht, und einen GPS-Ansatz, bei dem Bewegungsdaten technologiegestützt erhoben werden. QGPS sieht vor, zunächst die GPS-basierten Daten in einem GIS-Programm geografisch zu verorten und die teilstrukturierten Befragungsdaten mithilfe einer qualitativen Inhaltsanalyse zu erschließen und letztere sodann über ihren indirekten oder direkten Orts- oder Bewegungsbezug zu kartieren. Dazu werden räumliche Transkripte durch die Georeferenzierung qualitativer Aussagen innerhalb der GIS-Software hergestellt. Für die Analyse stehen somit Daten auf verschiedenen Ebenen bereit: geografische Kontextinformationen, (durch Proband*innnenerhebung entstandene und im Nachgang georeferenzierte) inhaltsanalytische Informationen und Bewegungsdaten. Daraufhin werden die Ergebnisse als inhaltliche Konzepte mittels Zusammenführung und Selektion dieser Daten extrahiert. So ermöglicht es QGPS, nicht nur räumliche Positionsdaten, sondern insbesondere auch Bewegungsdaten, in Verbindung mit qualitativen Informationen zu bringen. Der erweiterte Informationsgehalt, den die so geschaffenen mehrdimensionalen Bilder im Koordinatensystem aufweisen, steigert den möglichen Erkenntnisgewinn im Analyseprozess und bei der Ergebnispräsentation. Die für die Studie hergestellte QGPS lässt es zu, verschiedene individuelle Wahrnehmungen und Deutungen sozialer Räume zu erheben und zu verstehen. Es entsteht ein intersubjektiv geprägtes Bild des beforschten sozialen Raums.
GND Keywords: ; ; ; ;
Deutschland
Alter
Sozialraum
Mobilität
Zufriedenheit
Keywords:
Sozialer Raum, Alter, Lebenszufriedenheit, Mobilität, soziale Kontakte, regionaler Kontext, QGIS, QGPS, GNSS, Qualitative Inhaltsanalyse, Multilevelanalyse, INKAR, Deutscher Alterssurvey, ländlicher Raum, Sozialraumanalyse, Mobilitätsanalyse, Soziale Arbeit, Sozialraumplanung, soziale Netzwerke, Soziologie, Social space, age, life satisfaction, mobility, social contacts, regional context, qualitative content analysis, multilevel analysis, INKAR, German Ageing Survey, rural space, social space analysis, mobility analysis, social work, social space planning, social networks,
DDC Classification:
RVK Classification:
Type:
Doctoralthesis
Activation date:
August 5, 2024
Permalink
https://fis.uni-bamberg.de/handle/uniba/96615