Kunze, Hans-RainerHans-RainerKunze2022-08-222022-08-222022https://fis.uni-bamberg.de/handle/uniba/55213Von den Folgen einer Scheidung (zum Begriff der Scheidungsfolge vgl. unten) sind alle Familienmitglieder betroffen, jedoch in verschiedenem Ausmaß, auf unterschiedlichem Wege und nicht unbedingt immer in derselben Weise. Manche Folgen sind oder werden ihrerseits zu Ursachen. Einige der Folgen betreffen eher oder in erster Linie die beteiligten Erwachsenen, andere mehr oder nur die Kinder, wieder andere beide. Bestimmte Folgen können andere Folgen kompensieren, wieder andere verstärken sich untereinander. Es besteht also bei einer Scheidung ein kompliziertes und komplexes Geflecht von Wirkungsketten in den Entwicklungsverläufen aller Familienmitglieder. Dieses Geflecht kann notwendigerweise immer nur ausschnittweise erforscht werden - die gewonnenen Ergebnisse sind deshalb von ihrer Natur her partielle und unter Einbezug der zeitlichen Dimension immer auch historisch relativ. Wenn deshalb im weiteren eine Beschränkung vorwiegend auf kindbezogene Problemkreise vorgenommen wird, stellt dies zwar auch eine Selektion dar - die selektive Natur der Ergebnisse wird damit aber nicht eigentlich erzeugt. Die Themenkreise 'Scheidungsfolgen', 'Sorgerecht' und 'Nachscheidungsfamilien' bilden hinsichtlich der in ihnen enthaltenen Fragestellungen keine zueinander disjunkten Mengen. Prinzipiell lassen sich die beiden letzten Felder, insbesondere das des Sorgerechts (aber auch das der Nachscheidungsfamilie, wenn man es wie zuvor unter b) oder c) angedeutet eingrenzt), sogar als echtes Teilthema der Scheidungsfolgen formulieren, da sich Änderungen beim ehelichen Sorgerecht aus der juristischen Scheidung herleiten. Andererseits ist diese Abhängigkeit nicht notwendiger Natur. Nicht alle beobachtbaren Änderungen gegenüber dem bisherigen Sorgerecht ergeben sich in jeder einzelnen Scheidung. Auch resultieren die Änderungen nicht im vollen Umfang aus der Scheidung. Inwiefern Scheidung die notwendige und zugleich hinreichende Bedingung für beobachtbare Änderungen bei Familien nach einer Scheidung ist, ist eine bislang keineswegs immer klar beantwortbare Frage. Den nachfolgenden Ausführungen liegt deshalb folgende Konzeption zugrunde: Es werden Befunde diskutiert, die sich mit der Thematik 'Scheidungsfolgen' befassen, mit einem besonderen Schwerpunkt 'Veränderung beim und Gestaltung des Sorgerechts', und zwar für den Zeitraum, der unmittelbar an die Scheidung anschließt, also die Sprechweise von einer 'Nachscheidungsfamilie' im oben erläuterten Sinne annimmt. Problematisiert werden soll dabei der Begriff der 'Scheidungsfolge'. Angestrebt wird nicht eine 'vollständige' Darstellung der Befunde (da diese hinsichtlich jedes Kriteriums Beliebigkeit nicht vermeiden kann); vielmehr sollen interessant erscheinende (und damit ebenfalls notwendig subjektiv ausgewählte) Fragestellungen herausgearbeitet werden, die entweder noch einer theoretischen Bearbeitung harren oder aber als bislang unzureichend empirisch erforscht anzusehen sind. Ziel der folgenden Ausführungen ist es dabei nicht in erster Linie, Komplexität zu reduzieren, sondern da, wo sie vorhanden ist, diese auch zu verdeutlichen.deuScheidungsfolgenSorgerechtNachscheidungsfamilien300Scheidungsrecht, Sorgerecht, Nachscheidungsfamilien : Problemfelder und Forschungsfragen aus sozialwissenschaftlicher Sichtworkingpaperurn:nbn:de:bvb:473-irb-552132