Schild, AnikeAnikeSchild2024-03-282024-03-282024https://fis.uni-bamberg.de/handle/uniba/94349Dissertation, Otto-Friedrich-Universität Bamberg, 2023Gegenstand dieser Arbeit sind die Selbsteinschätzungen sprachlicher Kompetenzen im Deutschen jugendlicher Flüchtlinge. Im Fokus steht, wie genau die jugendlichen Flüchtlinge ihre sprachlichen Kompetenzen im Deutschen einschätzen und ob sich die Selbsteinschätzungen als Maß für die sprachlichen Kompetenzen im Deutschen eignen. Es werden Faktoren identifiziert, die Selbsteinschätzungen zusätzlich zu der tatsächlichen sprachlichen Kompetenz systematisch beeinflussen und es werden verschiedene Arten von Selbsteinschätzungsitems hin-sichtlich ihrer Eignung zur Erfassung der sprachlichen Kompetenzen im Deutschen verglichen. Betrachtet werden vier verschiedene Arten von Selbsteinschätzungsitems zum Verstehen und Sprechen der deutschen Sprache. Dazu gehören 1) allgemein formulierte Standard-Items, die eine fünfstufige Antwortskala vorgeben, 2) allgemein formulierte Schieberegler-Items, die einen zehnstufigen Endpunkt-gelabelten Schieberegler als Antwortskala vorgeben, 3) allgemein formulierte Vergleich-Items, die gleichaltrige Muttersprachlerinnen und Muttersprachler als Referenzgruppe vorgeben mit einer fünfstufigen Antwortskala und 4) spezifisch formulierte Can-Do-Statements, von denen diejenigen Anforderungen ausgewählt werden sollen, die die Teilnehmenden auf Deutsch können. Als Kriterium werden die Ergebnisse zweier Deutschkompetenztests, des Peabody-Picture-Vocabulary-Tests – 4. Ausgabe (PPVT-4; Lenhard et al., 2015) zur Erfassung des rezeptiven Wortschatzes und des Tests zur Überprüfung des Grammatikverständnisses (TROG-D; Fox-Boyer, 2016), herangezogen. Analysiert werden Daten von 1 877 Teilnehmenden der ersten Erhebungswelle und von 778 Teilnehmenden der siebten Erhebungswelle der Studie Refugees in the German Educational System (ReGES). Die Teilnehmenden sind als Geflüchtete nach Deutschland gekommen und waren im Durchschnitt in der ersten Erhebungswelle 16.0 Jahre und in der siebten Erhebungswelle 17.8 Jahre alt. Die Korrelationen zwischen den Selbsteinschätzungen und den Deutschkompetenztests weisen mittlere Effektstärken auf und die jugendlichen Flüchtlinge überschätzten ihre Deutschkompetenzen im Durchschnitt. Als Antwort auf die allgemein formulierten Items wählten die allermeisten Jugendlichen nur die wenigen positiv formulierten Kategorien, sodass die Verteilung der Antworten schief war, teilweise mit deutlichem Deckeneffekt und die breite Variation der einzuschätzenden Kompetenz nicht differenziert abgebildet wurde. Mithilfe von Strukturgleichungsmodellen werden Einflussfaktoren der Selbsteinschätzungen identifiziert und dabei der Einfluss der objektiv gemessenen Kompetenz auf die Selbsteinschätzungen kontrolliert. Die Fähigkeit zum schlussfolgernden Denken hatte einen negativen Effekt auf die Selbsteinschätzungen, sodass Teilnehmende mit höheren Fähigkeiten zum schlussfolgernden Denken ihre Deutschkompetenzen vergleichsweise niedriger einschätzten als Teilnehmende mit niedrigeren Fähigkeiten zum schlussfolgernden Denken. Das Engagement beim Deutschlernen hatte einen positiven Effekt auf die Selbsteinschätzungen, sodass Personen, die mehr Engagement beim Deutschlernen angaben, ihre Deutschkompetenzen vergleichsweise höher einschätzten als Personen, die weniger Engagement beim Deutschlernen angaben. Der vorhergesagte negative Effekt der Leistung in Mathematik wurde nicht bestätigt, ebenso wenig haben sich die vorhergesagten negativen Effekte der Teilnahme an einem Deutschkurs und der Teilnahme an einem Deutschtest auf die Höhe der Selbsteinschätzung bestätigt. Die verschiedenen Arten von Selbsteinschätzungsitems unterschieden sich nicht grundlegend in der Genauigkeit, mit der sie die deutschen Sprachkompetenzen erfassten. Anhand eines Latent-Change-Modells wird gezeigt, dass die Veränderung der sprachlichen Kompetenzen im Deutschen zwischen den beiden Messzeitpunkten mit den Can-Do-Statements besser erfasst werden kann als mit den Standard-Items. Es wird geschlussfolgert, dass die Selbsteinschätzungen die Deutschkompetenzen der Teilnehmenden nur ungenau erfassen und objektive Kompetenzmaße grundsätzlich zu bevorzugen sind. Sofern Selbsteinschätzungen als Deutschkompetenzmaße herangezogen werden, sollten bei der Interpretation der Ergebnisse die Ungenauigkeiten und systematischen Einflüsse z.B. der Fähigkeit zum schlussfolgernden Denken oder des Engagements beim Deutschlernen berücksichtigt werden. Möglichkeiten zur Verbesserung der Selbsteinschätzungsitems mit dem Ziel einer genaueren Erfassung der Deutschkompetenzen werden diskutiert.Subject of this dissertation are the self-assessments of German language competences of adolescent refugees. The focus is on how accurately the adolescent refugees assess their German language competences and whether the self-assessments are suitable as a measure of German language competences. Factors that systematically influence the self-assessments in addition to the actual language competence are identified, and different kinds of self-assessment items are compared regarding their suitability to measure German language competences. Four different kinds of self-assessment items on understanding and speaking the German language are considered. These include 1) generally formulated standard items with a five-point response scale, 2) generally formulated slider items with a ten-point endpoint-labeled slider as the response scale, 3) generally formulated comparison items that specify native speakers of the same age as a reference group with a five-point response scale, and 4) specifically formulated can-do statements, from which those requirements that the participants can do in German are to be selected. As a criterion, results of two German language tests are used: the German version of the Peabody-Picture-Vocabulary-Test – 4th edition (PPVT-4; Lenhard et al., 2015) to assess receptive vocabulary, and the German version of the Test for Reception of Grammar (TROG-D; Fox-Boyer, 2016). Data of 1 877 participants of the first wave and 778 participants of the seventh wave of the study Refugees in the German Educational System (ReGES) are analyzed. Participants came to Germany as refugees and were on average 16.0 years old in the first wave and 17.8 years old in the seventh wave. Correlations between self-assessments and test scores of German language competence show medium effect sizes and the adolescent refugees overestimated their German proficiency on average. Most adolescents chose only the few positively formulated categories in response to the generally formulated items, which resulted in skewed distributions of the responses, strong ceiling effects for some kinds of items, and the broad variation of the competence to be assessed was not represented in a differentiated manner. Structural equation models are used to identify factors influencing the self-assessments, controlling for the influence of the objectively measured competence on the self-assessments. Reasoning ability had a negative effect on the self-assessments, i.e., participants with higher reasoning abilities estimated their German language competence to be comparatively lower than participants with lower reasoning abilities. Involvement in learning German had a positive effect on the self-assessments, i.e., participants who reported more involvement in learning German rated their German skills comparatively higher than people who reported less involvement in learning German. The predicted negative effect of mathematical achievement on the self-assessments was not confirmed, nor were the predicted negative effects of participation in a German course and participation in a German language test on the level of self-assessment confirmed. The different kinds of self-assessment items did not differ substantially considering how accurately they measured German language competences. Analyzing a latent change score model, it is shown that the change of the German language competence between the two measurement time points was better represented by the can-do statements than by the standard items. I conclude that self-assessments measure German language competences only inaccurately and that objective measures are to be preferred in general. If self-assessments are however used as a measure of German language competence, inaccuracies and systematic influences of e.g. reasoning ability or the involvement in learning German should be considered when interpreting the results. Possibilities to improve self-assessment items to measure German language competences more accurately are discussed.deuSelbsteinschätzungenjugendliche GeflüchteteDeutschkompetenzenZweitsprachePPVT-4TROG-Dself-assessmentadolescent refugeesGerman language competencesecond language150Selbsteinschätzungen sprachlicher Kompetenzen im Deutschen jugendlicher FlüchtlingeSelf-Assessments of German Language Competences of Adolescent Refugeesdoctoralthesisurn:nbn:de:bvb:473-irb-943495