Tenschert, RuthRuthTenschert0000-0002-5624-78332023-06-202023-06-202023https://fis.uni-bamberg.de/handle/uniba/59667Kumulative Dissertation, Otto-Friedrich-Universität Bamberg, 2021Die vorliegende publikationsbasierte Arbeit beschäftigt sich mit der übergeordneten Frage nach der Veränderungsgeschichte mittelalterlicher Kirchenportale. Die Kernfrage war dabei: Warum sieht ein Portal heute so aus wie es aussieht, welche Veränderungen haben dazu beigetragen? Der Untersuchungsgegenstand „Portal“ ergab sich auch dem BMBF-Projekt „Mittelalterliche Portale als Orte der Transformation“. Eingehender betrachtet wurden die Portale in Paris (Kathedrale Notre-Dame, Querhausportale), Bamberg (Dom, Gnadenpforte) und Wien (Stephansdom, Fürstenportale). Die Objekte wurden gewählt, weil es jeweils neue Erkenntnisse durch die vorliegenden Untersuchungen gab. Das Spektrum an Möglichkeiten, mit dem man sich der Veränderungsgeschichte verschiedener mittelalterlicher Kirchenportale nähern kann, wird aufgezeigt. Im Mittelpunkt der Ausführungen stehen exemplarisch ausgewählte, unterschiedliche Herangehensweisen, durch die Fragestellungen beantwortet wurden, die sich aus den Befunden am Bau abgeleitet haben. Portale sind komplexe Untersuchungsobjekte. Ihr Aufbau aus Architektur, Bauschmuck und Skulptur, sowie ihre Verbindung mit der umgebenden Architektur allein lassen eine Einschränkung der Betrachtung auf den Portaltrichter nicht ausreichend erscheinen. Allen untersuchten Portalen ist indes gemeinsam, dass ihr heutiges Erscheinungsbild entscheidend durch Veränderungen geprägt ist. Wir sehen das Produkt dieser Veränderungen und keinen ursprünglichen Zustand. Deswegen ist das Untersuchungsobjekt aber nicht weniger Original, seine Geschichte gehört dazu, ist geradezu essentiell. Um die in den Fallstudien aufgeworfenen Fragen zu beantworten, musste die Methodik vielfältig sein. Das Festlegen einer starren Methodik war weder Ziel noch wäre es zielführend gewesen. Vielmehr wurden die Untersuchungsmethoden so gewählt, dass sie helfen die Fragestellungen zu beantworten, um bspw. schriftlich Überliefertes zu verifizieren oder die Veränderungsgeschichte durch neue Aspekte zu präzisieren. Das Objekt ist immer im Zentrum der Fragen als Zeugnis seiner Geschichte. Aus der Fragestellung begründet sich die Auswahl der richtigen Methoden. Veränderungsgeschichten beantworten nicht nur eine Frage an das Objekt, die zum Beispiel nur auf eine bestimmte Zeitstellung abzielt, sie sind vielmehr nicht abgeschlossene Biographien, die durch die restaurierungswissenschaftliche Analyse differenziert betrachtet und ggf. ergänzt werden. An allen Portalen konnten indes Hinweise auf die Entstehungszeit gefunden werden, auch wenn diese unterschiedlich ausgeprägt waren. Alle untersuchten Portale erlebten außerdem neben der Alterung weitere einschneidende Veränderungen, die verifiziert und differenziert werden konnten. Zentral ist bei der Betrachtung die Wertschätzung des Einzelbefundes mit gleichzeitigem Bewusstsein, dass eine Generalisierung nicht möglich ist. Ortsgebunden und kontextabhängig sind dennoch Schlüsse für das jeweilige Objekt ableitbar. Auch zunächst Unscheinbares kann im Kontext ein wichtiges Puzzleteil sein. Die Zusammenschau aller Erkenntnisse aller Methoden ergibt ein schlüssiges Bild, in dem auch der Einzelbefund nicht nur Daseinsberechtigung hat, sondern elementar wichtig ist. Es ist bei den Untersuchungen nicht immer alles zu lösen, oder noch nicht zu lösen. Diese neuen oder unbeantworteten Fragen sind Anknüpfungspunkte für künftige Auseinandersetzung mit dem Objekt. In der restaurierungswissenschaftlichen Analyse ist das Bemühen um Objektivität und Klarheit vor allem durch die Kenntnis der Grenzen, das kritische Hinterfragen von Ergebnissen und das ständige Überprüfen der eigenen Rückschlüsse in der Interpretation zu gewährleisten. Es hilft die Fragen an die Methoden konkret zu formulieren, die angewandten Techniken genau zu kennen und bedacht auszuwählen. Essentiell für eine objektivere Interpretation ist auch das Verständnis für die Aussagen einer Methode. Dabei kann ein Einzelbefund zum Schlüsselbefund werden. Einzelbefunde an sich sind nicht so wertvoll, wie sie im Zusammenspiel werden können. Erst das akribische Zusammensetzen des Mosaiks und die Interpretationen sind der entscheidende Schritt. So machen letztlich aber doch Einzelbefunde Historie greifbar und Veränderungen nachvollziehbar und verständlich. Veränderungs-geschichten bleiben aber dennoch Momentaufnahmen, man denke an den Brand in Paris 2019, es kommen immer neue Kapitel dazu, sei es durch derartige Ereignisse oder durch neue Forschung.deuKirchenportaleRestaurierungswissenschaftliche Untersuchung720Veränderungsgeschichten – Untersuchungen an mittelalterlichen Kirchenportalen mittels komplementärer restaurierungswissenschaftlicher Analytikdoctoralthesisurn:nbn:de:bvb:473-irb-596679